Ein Nerd auf der Bühne: Yonezu Kenshi Live.

Mich haben einige glückliche Umstände zu Yonezu Kenshi (米津玄師) gebracht.

Nachdem ich im Mai mit einer Freundin auf der KCon war, wollte ich unbedingt wieder auf mehr Konzerte gehen. Außerdem hatte ich den Anime Chainsaw Man gesehen und mir wurde auf YouTube ein Live-Video des Titellieds “Kick Back” von Yonezu Kenshi empfohlen.

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Nach kurzer Recherche stellte sich heraus, dass Yonezu sich gerade auf Tour befand und die Tickets zwar ausverkauft waren, es aber über seine Webseite die Möglichkeit gab, Tickets weiterzuverkaufen und dementsprechend auch zu kaufen. Mit ein wenig Glück bekam ich relativ schnell eines dieser Tickets und konnte am 28. Juni zum Konzert in die Yokohama Arena, in der er vier Tage lang spielte.

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Obwohl er mir bereits vorher ein Begriff war habe ich die Zeit zwischen dem Gewinnen des Tickets und dem Konzert damit verbracht, ein wenig nachzuholen.

Also, wer ist Yonezu Kenshi überhaupt?

Yonezu Kenshi stammt aus der Präfektur Tokushima auf der Insel Shikoku. Die Präfektur ist bekannt für die traditionelle Tanzveranstaltung Awaodori – Und sonst für wenig. Yonezu war wahrscheinlich ein ein wenig wunderliches Kind. Er lebte bevorzugt in seinen Traumwelten, weil die Außenwelt für ihn anstrengend, unverständlich und auch einfach nicht so interessant war wie das Innere seines Kopfes. Im Erwachsenenalter wurde bei ihm Autismus diagnostiziert.

Nach der Oberschule zog er nach Osaka, um an einer Kunstschule zu lernen. Dort begann er, Lieder mit Hatsune Miku zu erstellen und auf japanischen Seiten hochzuladen. Hatsune Miku ist eine Kunstfigur, die für eine künstliche Gesangsstimme der Software Vocaloid2 produziert wurde. Die Stimme ist auf schnellen, hohen Gesang, wie er bei Anime-Liedern üblich ist, ausgelegt. Im Internet gibt es tausende von Liedern, die ihre Stimme verwenden.

Yonezu veröffentlichte seine Vocaloid-Lieder unter dem Pseudonym Hachi und erreichte online große Popularität und gewann auch einige Preise.

2012 veröffentlichte er sein erstes Album unter seinem eigenen Namen, “diorama”, auf einem Independent Label. Das fand guten Anklang, und sein nächstes Album, “Yankee”, wurde bei Sigma Universal veröffentlicht. Das Lied “Eine Kleine” (ja) wurde 2014 für einen Werbespot der tokyoter Metro verwendet und erlangte vor allem bei jungen Menschen Popularität. In diesem Jahr fand auch sein erstes Konzert statt.

2017 sang er dann den Titelsong für den Anime-Film “Fireworks” (打ち上げ花火、下から見るか?横から見るか?), wodurch er der Allgemeinheit bekannter wurde. 2018 erschien das Titellied für die Serie “Unnatural”, “Lemon”, ein Lied, dem jeder, der in den letzten fünf Jahren in Japan lebt, schon einmal begegnet ist.

Für viele wirkte es so, als wäre Yonezu Kenshi aus dem Nichts gekommen. In Wirklichkeit hatte er bereits zwei Monate vor dem Erscheinen von “Lemon” eine der bekanntesten Hallen Japans, das Budōkan, ausverkauft. Die breite Masse hatte einfach keine Ahnung. Ich auch nicht.

Yonezu ist dafür bekannt, dass er vieles selbst in die Hand nimmt. Die Illustrationen auf seinen CDs und in den Musikvideos stammen alle aus seiner Feder. Ursprünglich wollte er Mangazeichner werden. Die Lieder schreibt und komponiert er alle selbst, bis einschließlich seines Debutalbums spielte er auch alle Instrumente selbst und machte eigentlich alles alleine.

Seine Liveshows sind dann auch sehr durchdacht. Ich hatte das große Pech, einen echt schlechten Platz erwischt zu haben (3. Stock, seitlich von der Bühne), aber trotzdem großen Spaß. Zu jedem Lied gab es eine passende Hintergrundanimation, für einige Lieder waren Tänzer mit auf der Bühne, für andere neben seiner normalen Live-Band auch Bläser, die Bühne wurde zig Male umgebaut… Da hatte jemand eine genaue Vorstellung. 🙂

Auch wenn ich es schon vorher wusste, war ich dennoch überrascht davon, wie gut Yonezu live klingt. Seine Lieder sind nicht einfach zu singen, aber sein Livegesang stand dem von den CDs in nichts nach. Leider war die Akkustik in meiner Ecke der Yokohama Arena nicht ideal.

In der ersten Konzert-Pause redete Yonezu dann direkt über ein Thema, das ihm sehr am Herzen liegt: Minesweeper. Er ist geradezu süchtig nach dem Spiel und hat es wohl auch einmal fertiggebracht, 12 Stunden am Stück zu spielen. Nicht ganz so gut, wenn man eigentlich einen Abgabetermin hat. Als Promo für sein neustes Lied, das Titellied für das Videospiel “Final Fantasy XVI”, hat er dann auch direkt eine eigene Minesweeper-Version namens Moonsweeper online gestellt.

Der Großteil der Setlist bestand aus Liedern von seinem 2020 erschienen Album “Stray Sheep”, aber er spielte sowohl ältere als auch neuere Lieder. Seine älteren Lieder, wie z.B. “Go Go Yūreisen” und “LOSER” sind vom Tempo her schneller und nehmen einen Live natürlich eher mit. Dementsprechend veränderte sich auch die Stimmung im Saal, als diese Lieder angespielt wurden. 🙂

Die zweieinhalb Stunden Konzert haben sich für mich auf jeden Fall gelohnt, ich wäre auch gern noch an den anderen drei Tagen nach Yokohama gefahren. Aber, wie eine Freundin von mir meinte: Nächstes Jahr gibt es bestimmt auch wieder Konzerte. Ich hoffe zumindest darauf. 🙂

Setlist
1. カムパネルラ (Campanella)
2. 迷える羊 (Mayoeru Hitsuji)
3. 感電 (Kanden)
4. 街 (Machi)
5. Decollété
6. 優しい人 (Yasashii Hito)
7. Lemon
8. M八七 (M87)
9. LOSER
10. Nighthawks
11. ひまわり (Himawari)
12. ゴーゴー幽霊船 (Go Go Yūreisen)
13. KICK BACK
14. 月を見ていた (Tsuki wo Miteita – Moongazing)
15. 打上花火 (Uchiagehanabi)
16. 灰色と青 (Haiiro to Ao)
17. かいじゅうのマーチ (Kaijū no March)
18. 馬と鹿 (Uma to Shika)
19. Zugabe: Unveröffentlichtes Lied
20. Zugabe: POP SONG
21. Zugabe: Flamingo
22. Zugabe: 春雷 (Shunrai)
23. Zugabe: LADY

Veröffentlicht in: Musik

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