Tokyo verändert sich ständig. Wo vor einem Jahr noch freie Fläche war, steht heute ein Einkaufszentrum.
In 日本橋 (Nihonashi) sind in sehr kurzer Zeit gleich drei entstanden: Coredo室町 (Muromachi) 1 2010, und 2 und 3 letztes Jahr. Die drei Einkaufszentren sind jeweils nicht sehr ausladend und allesamt japanisch inspiriert. Im Coredo Muromachi 1 und 2 befinden sich hauptsächlich Restaurants – in der Gegend sind viele Büros, während der Mittagspause ist es sicher voll. Im Coredo Muromachi 3 sind hauptsächlich 雑貨屋 (Zakka-ya), also Läden die kleine Dinge für den Alltag, etwa Geschirr, Handtücher, Stifte und Briefpapier, verkaufen. Wunderbar um kleine Geschenke zu kaufen.
Inmitten der drei Einkaufszentren steht ein Schrein. Er hat zwei Namen, was nicht wirklich ungewöhnlich ist. Der Schrein wurde vor über 1200 Jahren nach der Gegend 福徳町 (Fukutoku-chô; Dorf Fukutoku) 福徳神社 (Fukutoku-Jinja; Fukutoku-Schrein) genannt. 1615 besuchte ein 将軍 (Shôgun; in etwa ein Herzog) den Schrein zu Neujahr, und sah dass die Kirschbäume des Schreins junge Sprossen (芽 me) austrieben und benannte ihn in 芽吹神社 (Mebuki-Jinja; Mebuki-Schrein) um.
Anders als die meisten Schreine stand der Fukutoku-Schrein aber nicht immer an diesem Ort: Erst brannte er ab, und dann fand sich lange kein fester Platz für ihn. Die neuen Gebäude wurden erst letztes Jahr fertiggestellt – diesmal mit einem Stahlskelett, denn in Nihonbashi ist die Brandgefahr noch immer hoch. Außerdem ist er einer der wahrscheinlich wenigen Schreine mit Aufzug, unter ihm befindet sich ein öffentlicher Fahrradabstellplatz.
Ich selbst mag ältere Schreine lieber, sie haben irgendwie mehr Charakter. Wenn ich einen betrete, stelle ich mir gern vor, wie die Umgebung wohl damals ausgesehen hat und was für Leute ihn besucht haben. Egal wie viele Gebäude neu errichtet werden, einen Schrein reißt man nicht einfach ab. Er wird vielleicht erneuert, oder etwas wird hinzugefügt – aber letztendlich bleibt er, während sich um ihn herum alles verändert.
Die Schreine und Tempel in der Nähe unseres Wohnortes gab es schon, als das hier alles noch Reisfelder waren. Wer weiß, wie viele Kinder dort zum お宮参り (Omiya-mairi; das Vorstellen eines Neugeborenen vor den Göttern) gebracht wurden und ihr 七五三 (Shichi-go-san; Schreinbesuche mit drei und fünf (Jungs) bzw. drei und sieben Jahren (Mädchen) dort abgehalten haben. Überhaupt, wie viele Leute dort schon gebetet haben, wie viele Leute in etwa dasselbe gesehen haben wie man selbst. Da fühlt man sich doch gleich ein wenig kleiner.
Ich finde auch alte Stätten super umd stelle mir vor wie es dort vor Jahrzehnten oder Jahrhunderten ausgesehen hat. Deshalb fahr ich meist nur dort auf Urlaub, wo es was antikes zum Anschauen gibt.