Das Eisa-Festival in Shinjuku.

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An manchen Samstagen muss mein Mann arbeiten, so auch letzte Woche. Ich könnte natürlich bei der Hitze zuhause bleiben, mich keinen Zentimeter von der Couch bewegen, und die Zeit vorbeiziehen lassen.

Oder ich kann in die Stadt fahren, und einer Tanzveranstaltung beiwohnen. 🙂

Am Samstag fand nämlich das 16. jährliche Shinjuku Eisa-Festival (第16回新宿エイサーまつり) statt. Eisa ist ein Volkstanz aus Okinawa, der südlichsten der japanischen Präfekturen. Wie das so irgendwie auf der ganzen Welt ist, haben auch in Japan die wärmeren Präfekturen eindeutig die feurigeren Tänze.

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Beim Eisa wird gesungen, das dreisaitige Sanshin (三線) gespielt, auf verschieden großen Trommeln getrommelt, laut gerufen, gepfiffen, und natürlich getanzt.

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All das ist mehr, als ich jemals in der Sommerhitze tun könnte. Zum Glück wird man ja nicht zum Mittanzen verpflichtet, genau genommen sind die Tokyoter sogar etwas klatschfaul, und so suchte ich mir gute Orte zum Fotografieren und wiegte meinen Oberkörper im Takt der Musik.

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Ganz besonders beeindruckt haben mich die Trommler mit den großen Tommeln. Mit denen im Arm wirbelten sie herum und sprangen in die Luft – wie gesagt, in schrecklichster Hitze, und im Takt. Mir wäre bei der Hitze ja mehrmals der Drumstick aus den Händen geflutscht. In Aktion könnt ihr das ganze übrigens hier mal sehen.

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Nach etwas über einer Stunde wurde es mir zu heiß, und ich fuhr wieder nach Hause. Eigentlich hatte ich vor, den Awa Odori (阿波踊り) in Kagurazaka auch noch zu sehen, aber die Hitze hatte mir ziemlich zu schaffen gemacht.

Trotzdem habe ich mir vorgenommen, dieses Jahr noch ein paar andere Tänze zu sehen, zum Glück gibt es da in Tokyo recht viel. 🙂

Chōshi: Der Vortag des Meeres.

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Am Montag war der Tag des Meeres, 海の日 Umi no Hi. Mein Mann und ich fuhren also am Sonntag ans Meer – man will sich ja nicht am Tag vor der Arbeit zu sehr verausgaben. Glücklicherweise hat Japan viel Meer, tatsächlich ist das ganze Land davon umgeben. Von 47 Präfekturen haben nur acht keine Anbindung ans Meer.

In Chiba, wo wir wohnen, ist man nie weit vom Meer entfernt. Wir wollten aber natürlich nicht irgendwo ans Meer, sondern hatten uns einen Ort ausgesucht: Chōshi (銚子).

Am frühen Morgen fuhren wir los, um kurz nach sieben Uhr am Strand von Byōbugaura (屏風ヶ浦) zu sein. Das Gestein dort wurde von den Wellen so sehr bearbeitet, dass es wie mit einem Messer ausgeschnitten wirkt. Jedes Jahr wurde das Gestein um bis zu einen Meter abgetragen, weswegen man in den sechziger Jahren beschloss, einen schützenden Wall zu bauen. Das funktioniert zwar ganz hervorragend, sieht aber nicht sonderlich schön aus.

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Am Strand sitzend aßen wir belegte Brote und schauten den Leuten zu. Noch waren kaum Besucher dort, aber am Strandhaus war man schon fleißig dabei, Schwimmringe und Schlauchboote aufzupusten. Als Kind und Jugendliche habe ich viele Sommertage am Strand verbracht, ob zuhause am Müggelsee oder bei meiner Großmutter in Halbe, und an Sommertagen kann ich mir noch immer wenig Besseres vorstellen, als Schwimmen zu gehen. Leider hatte ich keine Schwimmsachen dabei.

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In Chōshi wird viel Fisch gefangen, dementsprechend liegen dort viele Fischkutter. Um die Leute fischen zu sehen, waren wir wahrscheinlich am falschen Tag dort, oder bereits zu spät. Eine Gruppe älterer Herren sahen wir, die sich an ihrem Boot zu schaffen machten, aber das war wahrscheinlich mehr Spaß als Arbeit.

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Zehn Minuten vom Strand entfernt steht der Leuchtturm von Inubōsaki (犬吠埼灯台). Vor fast 150 Jahren wurde er, von einem Engländer entworfen, erbaut, und seitdem weist er der Booten und Schiffen den Weg.

Für 200 Yen pro Person kann man die 99 Stufen bis zur Aussichtsplattform hochlaufen – Ein Angebot, das wir natürlich nicht ausschlagen konnten.

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Wieder unten angekommen, sahen wir uns die alte Linse des Leuchtturms an, und saßen ein wenig am Strand. Am Tag des Meeres soll man schließlich das Meer wertschätzen. 🙂

Wir hatten noch ziemlich viel Zeit, bevor wir unseren letzten Programmpunkt begehen können würden, und machten deswegen einen kleinen Abstecher an einen alten Dorfbahnhof.

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Der Bahnhof Tokawa (外川駅) wirkt wie aus der Zeit gefallen. Keine Schranken, wie sie sonst in Bahnhöfen in den Städten Standard sind, nicht viel Verkehr, und ein Wartebereich. Das mag ich an den Dorfbahnhöfen sowieso am liebsten: Da dort nicht alle fünf Minuten eine Bahn hält, und die Zahl der Besucher überschaubar ist, leistet man sich einen Warteraum mit Bänken und Kissen.

Die Zeiten und Fahrkartenpreise sind auf großen Tafeln handschriftlich festgehalten. Ziemlich charmant, doch scheinbar fehlt der Bahngesellschaft in Chōshi tatsächlich das Geld, um die Bahnhöfe zu modernisieren.

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Zum Abschluss dieses sehr schönen Vormittags, und um noch einmal dem Meer zu danken, besuchten wir eine heiße Quelle. Neben mehreren Innenbädern hatte diese auch drei Außenbäder mit hervorragendem Ausblick aufs Meer. 🙂 Falls sich irgendjemand mal in Chōshi wiederfinden sollte: Das Taiyō no Sato (太陽の里) verfügt über ein hervorragendes Bad und einen schönen Pool, auch wenn wir letzteren nicht getestet haben.

Wir hatten auf jeden Fall einen wunderschönen Tag voller Sommerferien-Gefühl. 😀

Mit Tenugui und Minihandtuch.

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Das 手ぬぐい (Tenugui) ist eines der Dinge, gegen die ich mich erst mit Händen und Füßen gewehrt habe, um es dann total toll zu finden. An sich sind Tenugui nichts besonderes, sondern einfach meist einlagige, dünne, lange Baumwollhandtücher mit Druck. Oben seht ihr eine Auswahl von unseren. 🙂 Meist werden sie sehr einfach verwendet: Als Handtücher. Also wirklich nur für die Hände, denn den Körper oder die Haare kriegt man damit nicht so richtig trocken, obwohl es damals wohl für den gesamten Körper verwendet wurde. Man kann mit ihnen aber auch so einiges anderes anstellen.

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“Verdammt, wo ist mein Tenugui?”

Mit ihnen kann man natürlich Staub wegwischen, Dinge einwickeln oder Geschirr abtrocknen. Sie sind aber tatsächlich auch zu Kleidung zu Formen: Ob Kopfbedeckung, Lendenschurz, Gürtel, Schal, Schürze, Windel oder Haarband; aus dem Tenugui kann man alles machen. Es ist eben ein Stück Stoff. 😉

 

Selbst die のれん (Noren), die Vorhänge, die an japanischen Restaurants und Essensständen hängen, kommen vom Tenugui. Ursprünglich hatten Tenugui dort zwei Funktionen: Einmal zum Händeabwischen und dann, um Werbung für den Laden zu machen. Heute ist es nur noch zu Werbezwecken.

In den einschlägigen Tenugui-Läden (z.B. かまわぬ (Kamawanu)*) gibt es nicht nur die einlagigen Tenugui sondern auch Gebrauchsgegenstände aus bedrucktem Baumwollstoff. Ob das nun Portemonnaies sind, Stofftaschen für die kleinen PET-Flaschen aus den Automaten oder Babykleidung. 🙂

* Warum liest man “Sichel, Kreis, nu (ぬ)” Kamawanu? Sichel heißt “kama”, der Kreis “wa” und das ぬ bleibt ein “nu”. 🙂 Wie lange ich dachte, dass der Laden Henonu (へのぬ) heißt, erzähle ich euch besser nicht.

Wir sind auf jeden Fall große Fans von Tenugui, auch weil sie ein super gutes Mitbringsel darstellen. Und wenn man sie nicht aktiv verwendet, kann man sie noch immer wie Kunst aufhängen! 🙂

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Eine andere kleine Aufmerksamkeit, über die sich die meisten Leute freuen, sind diese kleinen Handtücher. Anders als die Tenugui sind sie aus Handtuchstoff, den wir im Westen auch kennen, und oft nicht bedruckt, sondern anderweitig eingefärbt. Ob das Muster nun schon im Material eingewebt ist oder draufgestickt wurde, ist dabei eigentlich egal.

Eines dieser kleinen Handtücher habe ich eigentlich immer dabei, im Sommer, um mir den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen und zu allen Jahreszeiten, um mir die Hände abzutrocknen. Denn wie oft gibt es auf öffentlichten Toiletten keine Gelegenheit, sich die Hände zu trocknen, bzw. wie oft sieht die so aus, dass man sich damit nicht die Hände trocknen will? Genau.

Die kleinen Handtücher kosten zwischen 500 und 600Yen (4,20€ – 5€) und sind mit allen möglichen Motiven zu haben. Meine sind mit Disney-, Mumin- oder Ghibli-Charakteren versehen, es gibt aber auch kleine Handtücher von Vivienne Westwood oder Furla.

Für mich sind die kleinen Handtücher auf jeden Fall unabdingbarer als die Tenugui, aber Tenugui finde ich optisch ansprechender. 🙂

Was habt ihr lieber? Tenugui oder Minihandtücher?

 

Blinddarm und Dämonen raus?

krankenhausAm Freitag Morgen war es das mit dieser Errungenschaft des Homo Sapiens, dem “aufrecht gehen”. Nun bin ich wahrlich kein Neuling in Sachen Magenschmerzen und Blinddarmentzündung, meldete mich also für den Tag krank und lief zu meiner Ärztin. Eigentlich war der Plan, dass ich mir einfach Medikamente abhole und den Rest des Tages auf der Couch verbringe, doch Pustekuchen: Ich wurde ins Krankenhaus überwiesen.

Dort angekommen, musste ich feststellen, dass es auch die gesamte Ü-60-Bevölkerung unseres Städtchens an diesem schönen Tag dorthin verschlagen hatte. Entsprechend lange durfte ich warten, und dank Schlafmangels konnte ich mir nicht einmal mit einem Buch die Zeit vertreiben. Mir fielen einfach ständig die Augen zu.

Nach einem Gespräch mit der Ärztin wurde ein CT gemacht (Welch Überraschung, mein Blinddarm war entzündet.), dann ging es zurück zur Ärztin, die mich an die nächste Station überwies. Dort wurde mir gesagt, dass ich mir durchaus mal überlegen könnte, ob ich meinen Blinddarm nicht rausnehmen lassen wolle. Ganz ehrlich: Es ist in den letzten Jahren durchaus besser geworden, und scheinbar hat der Blinddarm durchaus einen Zweck, also bleibt der drin. Dann bekam ich noch einen Tropf angehangen.

Sechs Stunden nachdem ich mich auf den Weg gemacht hatte und fast 15,000 Yen (ca. 120€) ärmer, hier darf man nämlich 30% seiner Kosten selbst tragen, war ich wieder zuhause. Dieser ganze Stress war wirklich schlimmer als die Schmerzen.

Am Abend kam meine Schwiegermutter mit Bohnen vorbei. 🙂 Der 3.2. ist 節分 (Setsubun), der Frühlingsanfang des alten japanischen Kalenders. Früher war Setsubun der Beginn des neuen Jahres, deswegen ist er auch nah am chinesischen Neujahr. Was macht man an Neujahr? Dämonen vertreiben. In Deutschland und China passiert das mit Feuerwerk. Japanische Dämonen haben offensichtlich ein Problem mit Bohnen. 😉 Wir warfen also brav Bohnen und kauften, übrigens so gar nicht traditionell, Setsubun-Süßigkeiten.

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Ich hoffe ihr hattet ein schönes Wochenende! 🙂