Hochzeitsnachlese.

Meine Eltern sind wieder in Deutschland, das Wochenende ist verbracht, da kann ich mal wieder einen Eintrag verfassen.

Am Hochzeitstag sind wir alle ganz früh aufgestanden, um zum Friseur zu gehen und uns die Haare hochstecken zu lassen. Weil wir gleichzeitig noch geschminkt wurden, dauerte die ganze Prozedur über drei Stunden. Dafür sahen wir aber auch ziemlich gut aus. Dann weiter zum Schrein und umziehen lassen. Einen Kimono kriegt man als ungeübte Person nicht allein angezogen, weswegen wir zwei sehr nette Damen hatten, die uns dabei geholfen haben. Eine hat uns auch die ganze Zeit begleitet, damit nichts verrutscht, und damit ich anständig laufen kann.

Nun sieht so ein Hochzeitskimono natürlich sehr sehr schön aus, tut aber leider auch sehr sehr weh. Anfangs dachte ich, ich würde ersticken, weil verschiedene Lagen so eng um meinen Brustkorb geschlungen waren, dass mir das Atmen sehr schwer fiel. Aber wozu atmen, wenn man schön aussieht? Nach einiger Zeit tat es nicht mehr ganz so weh, beziehungsweise war es mir einfach egal. Der Göttergatte war auch ziemlich eingeschnürt, vor allem am Bauch, ertrug das aber viel gefasster als ich.

Die Zeremonie verlief wie geplant, mit nur einem kurzen Leseproblem von Seiten meines Mannes, und nach ca. fünf Stunden durften wir uns wieder in überlebensfreundliche Gewandung werfen um zum großen Festgelage aufzubrechen. Das dauerte dann nicht so lang wie erwartet, und so konnten wir relativ früh ins Bettchen fallen – nachdem ich (nicht erfolgreich) versuchte die toupierten Haare wieder schön zu bekommen. Das hat dann am nächsten Tag die Friseurin erledigt…

Insgesamt war es eine sehr schöne Erfahrung, auch weil meine ganze Familie Kimono oder Hakama getragen hat und wenn ich schon einen Japaner heirate, kann ich doch bitte auch eine traditionelle Hochzeit haben. Eine Hochzeitsfeier mit Kleid gibt’s nächsten März in Deutschland, mal schauen wie eng ich da eingewickelt werde. Vielleicht brechen ja nächstes Mal die Rippen, die dieses Mal nur wehgetan haben.

Die finale Entscheidung.

Wir waren gestern beim Kimono-Verleih. Verleihe gibt es in sehr teuer und sehr günstig, wir waren bei einem günstigen, der von einer versicherungsähnlichen Gesellschaft betrieben wird. Während man normalerweise gern 150 000 Yen (1 360€) Ausleihgebühr für den Kimono der Braut zahlen muss, liegt der Betrag für uns bei ca. 40 000 Yen (360€). Ich habe keine Ahnung was bei einem teuren Verleih anders ist, ich habe mich auf jeden Fall nicht gefühlt, als würde ich minderwertigen Service oder eine sehr kleine Auswahl bekommen. Leider sind wir etwas spät dran mit dem Reservieren, deswegen war einiges schon weg, aber damit kann ich leben.

Ich hatte vor einigen Wochen schon einmal über die japanische Hochzeit und 打掛 (Uchikake)-Kimonos geschrieben, den Eintrag findet man hier. Nun ist das ja wunderschön und alles, aber als ich gelesen habe, dass man auch 引き振り袖 (Hikifurisode) tragen kann, war für mich eigentlich schon klar, dass es das werden würde.

Anders als beim Uchikake wird der farbige Kimono nicht wie ein Mantel über dem weißen Kimono getragen, sondern der Obi (quasi der Gürtel des Ganzen) wird über dem farbigen Kimono gebunden, wodurch, finde ich, ein schöneres Bild entsteht, da die ganze Chose in sich geschlossen ist.

Die ganze Chose besteht aus einem Untergewand, das am ehesten an Krankenhauskleidung erinnert, einem weißen Unterkimono mit verstärktem weißen Kragen (was ich auf dem Foto trage ist nur zum Anprobieren gedacht, sonst würde man nie fertig werden), dem farbigen Kimono und diversen Obi-Zutaten, von denen ich nicht die geringste Ahnung habe. Auch hier wurde fürs Anprobieren ein vorgefertigter Klettverschlussobi mit Ansteckschleife verwendet, da das Obifalten und -binden an sich den schwersten Teil des Ganzen darstellen dürfte. In Wirklichkeit hält übrigens nicht der Obi die Form des Kimonos, sondern zwei Stoffbänder, die darunter versteckt werden. Vom Gefühl her darf man sich das auch gern ein wenig wie Korsettschnüren vorstellen, weswegen ich vorm Festessen in ein normales Kleid wechseln werde.

Beim Verleih habe ich mir drei Kimonos aus dem Katalog ausgesucht, um sie anzuprobieren.. Ursprünglich wollte ich unbedingt einen roten Kimono ausleihen, weil das Glück symbolisiert, aber die Farbe gab es fast nur bei den Uchikake-Kimonos, und die zwei roten Hikifurisode-Kimonos verblassten (verbließen?) zwischen den anderen, weswegen ich mir zwei weiße Modelle und ein schwarzes aussuchte. Die Mitarbeiterin des Verleihs war übrigens absolut hilfreich und freundlich, und hat für jeden Kimono extra nachgeguckt, ob der für den fraglichen Zeitraum schon verliehen ist – auf ellenlangen, handgeschrieben Listen.

Den weißen Kimono, den man auf dem Foto sieht, finde ich übrigens unglaublich schön, mit den vielen bunten Blumen wirkt er recht jugendlich und fröhlich. Mein rechtes Pfötchen hät übrigens den Kimono fest, was man auf dem Foto sieht ist der Modus, in dem man sich tatsächlich bewegen kann. Lässt man den Stoff zu Boden sinken kann man als Laubfeger doublen, denn die Kimonos sind lang und nur zum schön aussehen gedacht. Für den Sommer sind sie auch nicht geeignet, denn trotz Klimaanlage war mir nach einiger Zeit sehr warm. Da muss man dann wohl durch, zum Glück findet die Zeremonie im Oktober statt.

Wenn der Kimono nicht angehoben wird, kann ich mich darin nicht einmal selbstständig umdrehen, ohne Angst um den Stoff zu haben. Der schwarze Kimono ist übrigens der, für den ich mich letztendlich entschieden habe, nicht zuletzt weil eine penetrante Stimme neben mir meinte “Ja klar, den schwarzen nehmen wir! Schau doch mal, der ist total toll!”. Der Göttergatte hatte sich um einiges schneller als ich festgelegt. Zwar werden auch die Mütter schwarze Kimonos (mit Muster) tragen, aber das ist nur am unteren Rand und daher vom Eindruck sehr anders.

Was man auf dem Foto vielleicht nicht ganz so gut sieht, ist der Hase in der unteren Mitte. Dieses Jahr ist das Jahr des Hasen. Das ist vielleicht einer der schlechteren Gründe, warum ich mich letztendlich wirklich für diesen Kimono entschieden habe, ein anderer wäre auch noch, dass er auf Fotos wirklich gut aussieht. Denn was bleibt letztendlich übrig, außer Erinnerungen, die eh immer ungenauer werden? Fotos! Viele Fotos!

Japanisches Sommerfest – 夏祭.

Letzte Woche Sonntag sind mein Mann und ich zu einem 夏祭 (Natsumatsuri, Sommerfest) gegangen. Obwohl ich mehrmals im Sommer in Japan war, war ich vorher noch nie auf einem Fest gewesen, irgendwie hatte es sich nie ergeben.

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Ich habe also meinen Yukata angelegt, und bin auf meinen Geta neben meinem Mann hergetrippelt.

Leider war es sehr voll, so dass wir viele Sachen nicht gemacht haben, aber generell gibt es vor allem viel Essen. Yakisoba, TakoyakiKakigoori und weitere Leckerheiten, versammelt auf engstem Raum. Leider auf engstem Raum mit vielen anderen Menschen. Ich bin seit kurzem ein großer Fan von Goldfischen, und auf jedem Sommerfest gibt es Goldfischfangen. Mit einem speziellen Käscher stochert man so lange im Wasser herum, bis die Fische freiwillig kommen, und man sie geschickt in eine Schüssel befördern kann.

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Ich hätte das gern ausprobiert, aber wie gesagt war auf dem Fest so viel Betrieb, dass ich auch dazu nicht gekommen bin. Keine Ahnung, wo ich den Fisch reingesetzt hätte, ich glaube, dass Goldfische nicht besonders gut in Badewannen überleben. Was mich zu der Frage bringt – wo bringen alle anderen ihre Fische hin? Werden die einfach wieder freigelassen?

Ansonsten hat mich die Stimmung wirklich sehr an ein Volksfest erinnert. Zwei Männer, die als Frauen verkleidet auf der Bühne Witze erzählt haben gab es auch.

Auf dem Weg nach Hause liefen wir eine schöne alte Straße in der Gegend entlang, als zwei Jungs von der Oberschule auf einem Fahrrad an uns vorbeikamen. “Oh, schau, eine Ausländerin!” Ach wirklich?

Ich glaube bei solchen Kommentaren übrigens nicht, dass irgendjemand es böse meint. Man ist in Japan als Ausländerin* eine Ausnahme, und als Ausländerin mit Kimono und japanischem Mann eine ziemliche Seltenheit. Dass da geguckt wird ist klar. Ich werde den Yukata weiter tragen, und vielleicht bekomme ich ja für diese Neujahr sogar einen Kimono.

*In meiner Nachbarschaft gibt es an Ausländern nur schlecht gekleidete Männer über 30.