Weihnachten in Tokyo.

Auch weit weg von zuhause war Weihnachten.

Am 23. war 天皇誕生日, Kaiser-Geburtstag, und somit ein Feiertag. Wir haben den Tag genutzt um zu den Schwiegereltern zu gehen und Weihnachten quasi vorzufeiern.

Zum Essen gab es den obligatorischen Christmas Cake und das nicht ganz so obligatorische Steak. Beides sehr lecker, den Kuchen konnten wir nach dem Steak aber nicht mehr vollkommen essen.

Am 24. haben wir einen kleinen, künstlichen Weihnachtsbaum in der Wohnung aufgestellt, bei Ikea gekaufte Duftkerzen (riechen nach Früchtetee) angezündet und wirklich günstiges, aber leckeres Hühnchen gegessen. Vor einiger Zeit hat Kentucky Fried Chicken ihr Maskottchen, den Colonel Sanders, wohl in ein Weihnachtsmannkostüm gesteckt, und seitdem ist Hühnchen, und besonders Kentucky, in Japan das typische Weihnachtsessen.

Vor drei Jahren am 25. Dezember haben mein Mann und ich uns das erste Mal getroffen, was wir gefeiert haben, indem wir nach Shinjuku zum Sukiyaki-Essen gefahren sind. Genau das Restaurant, in dem wir uns kennengelernt haben, haben wir leider nicht finden können, aber es war trotzdem nicht schlecht.

Für Sukiyaki wird Sojasauce, Zucker und Mirin gemischt und am Tisch in einem Topf erhitzt. Darin kocht man dann selbst Fleisch (Rind oder Schwein) und verschiedenes Gemüse und tunkt es, bevor es einem die Zunge verbrennen kann, in rohes Ei*. Für das All-You-Can-Eat für 90 Minuten haben wir pro Person ca. 20€ bezahlt, was absolut im Rahmen liegt, und außerdem durften wir uns unser Gemüse selbst aussuchen. Wir sind da beide etwas pingelig, und bei mir blieb es dann auch bei Salat, Seitan und Konjak-Nudeln. Sehr lecker auf jeden Fall, das könnte ich jeden Tag essen.

* Salmonellen befinden sich auf der Ei-Schale und gelangen beim Aufschlagen ins Innere des Eis. Die Schale wird in Japan vor dem Verkauf standardmäßig gereinigt, weswegen es hier sicher ist, rohes Ei zu essen.

Und das waren unsere Weihnachtsfeiertage. Ein paar Geschenke habe ich natürlich bekommen, ein paar auch verschenkt, und jetzt ist erstmal Freizeit angesagt, bis zum Neujahr. Das fällt dieses Jahr aber kleiner aus, da wir ofiziell in der Trauerphase sind. Soll heißen, es gibt Dinge, die wir nicht essen dürfen, weil das zu viel Spaß machen würde. Ach, schade.

Frohe Weihnachten!

Der Göttergatte und ich wünschen allen die besten Weihnachtstage mit den besten Freunden und dem besten Essen!

Oder auch:

Er: Wenn wir weiter so viel essen, werden wir total dick!

Ich: Das ist okay, es ist Weihnachten.

Von daher, lasst euch den Appetit nicht verderben.

Wie wir das Weihnachtsfest begangen haben (eher unfeierlich aber immerhin mit Bäumchen) gibt’s dann in einem seperaten Eintrag zu lesen.

Also, frohe Weihnachten oder was auch immer gefeiert wird!

Tod in Tokyo.

Der Großvater väterlicherseits meines Mannes ist letzte Woche gestorben. Am Dienstag besuchten wir ihn noch im Krankenhaus, am Mittwoch ist er dann verstorben.

Am Samstag Abend begingen wir also den ersten Teil der Zeremonie, お通夜 (Otsûya, Totenwache). Dabei wird der Tote verabschiedet und ein Mönch beschreibt den Weg um ins Jenseits zu gelangen, so wurde es mir zumindest erklärt – den Großteil dessen, was der Mönch sagt, ist unverständlich. Statt Blumenkränzen werden Sträuße aufgestellt, jeweils mit einem Schild versehen, von wem sie gegeben wurden.

Am nächsten Tag fand ab Mittags die 告別式 (Kokubetsushiki, Bestattung) statt. Wieder mit dem Mönch. Wahrscheinlich sagte der Mönch etwas anderes, aber für mich, ohne Hintergrundwissen, war das nicht ersichtlich. Dann wurde der (Verbrenn-)Sarg geöffnet und Blumen wurden auf den Körper gelegt, so dass nur noch das Gesicht zu sehen war. Während vorher niemand geweint hatte, ließen dabei alle den Tränen freien Lauf, was mich mehr mitnahm als der eigentliche Tod des Großvaters, den ich vorher nur zweimal gesehen hatte.

Der Sarg wurde verschlossen und verladen, bevor er zum Friedhof gefahren wurde. Dort wurde der Leichnahm eingeäschert, während wir in einen anderen Teil des Gebäudes gingen, um zu Mittag zu essen und alte Fotos herumzuzeigen, die irgendjemand noch irgendwo aufgetrieben hatte: Die, vor 20 Jahren verstorbene, Großmutter als junge Frau, Bilder von der Hochzeit, Bilder mit den Enkelkindern.

Nach ca. einer Stunde wurden wir aufgerufen, und kamen in einen weiteren Raum, in den daraufhin ein Tisch mit den Knochen des Großvaters geschoben wurde. Nachdem einige wichtige Knochen von Mitarbeitern beseite gelegt wurden, wurden wir aufgefordert, uns in zwei Reihen aufzustellen und jeweils zu zweit mit Stäbchen einen Knochen in eine Urne befördern. Die restlichen Reste wurden von den Mitarbeiterin eingefüllt, und zum Schluss wurde aus den vorher aussortierten Knochen der Kopf quasi nachgebaut: Halswirbel, Unterkiefer, Oberkiefer, Schädel. Dann kam natürlich ein Deckel auf die Urne.

Diese Urne wird nun für 49 Tage im Haus der Schwiegereltern stehen, bevor sie auf den Friedhof kommt und dann ist der Großvater nur noch im Schrein für die Toten im Haus der Familie – zusammen mit der Großmutter. Eigentlich keine schlechte Vorstellung.

忘年会: Das Jahr vergessen.

Diesen Monat ist es noch öfter einsam als sowieso, denn mein Mann kommt öfter erst sehr spät nach Hause. Dann stinkt er nach Rauch, Alkohol und allem, was ich sonst nicht in der Nase haben will.

Dezember ist 忘年会 (Bônenkai)-Monat. Die drei Kanji bedeuten jeweils “vergessen”, “Jahr” und “Treffen”, es ist also das große Jahr-Vergessens-Treffen. Dort muss er zwangsweise mit Vorgesetzten und Mitarbeitern trinken, um all das Schlechte im vergangenen Jahr zu vergessen. Leider vergessen sich dann manchmal auch die Chefs, und lassen durchblicken, wie rückwärtsgewandt sie sind. Da sagt dann z.B. der Leiter einer Baustelle, dass es seine Aufgabe sei zwei von drei neuen Mitarbeitern zum Aufgeben zu bewegen. Für mich persönlich sind solche Leute einfach Leute, die schon in der Schule gemobbt haben, und jetzt weitermachen – aber angeblich nur zum Besten der Angstellten, denn die müssen hart werden. Ergo sind es Leute, die ich gerne fragen würde, ob sie das für ihr Ego brauchen, jemanden herunterzuputzen.

Für meinen Mann sind es Leute, die ihn überlegen lassen, in eine andere Firma zu wechseln. In eine Firma, bei der auch die oberen Führungsebenen in der neuen Zeit angekommen sind.

Aber darum ging es eigentlich gar nicht, sondern um Bônenkai und eigentlich auch 飲み会 (Nomikai, Trink-Treffen; findet unregelmäßig über’s ganze Jahr verteilt statt). Mein Mann hasst sie. Er muss zu drei solchen Veranstaltungen gehen, so tun als hätte er Spaß und versuchen möglichst schnell abzuhauen. Ich finde sie auch ganz schrecklich. Angeblich gehören sie zur Unternehmenskultur, um die Leute, mit denen man arbeitet, besser kennen zu lernen. Als könnte man das nicht während der Arbeitszeit oder in seiner Freizeit, freiwillig, tun.

Für mich persönlich ist es also großer Mist.

Auf Arbeit haben wir am 22. eine kleine Weihnachtsfeier mit den Mitarbeitern, mit Geschenketauschen und Plauderei. Finde ich sehr viel besser.