Hinamatsuri, das Mädchenfest.

Heute ist 雛祭り (Hinamatsuri, meist einfacher ひな祭り geschrieben), das japanische Mädchenfest.

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Dafür werden jedes Jahr in Familien mit Töchtern schon im Februar die ひな人形 (Hina-Ningyô; Hina-Puppen) aufgestellt. Diese Tradition gibt es in verschiedenen Formen schon länger, der genaue Ursprung ist unklar. Man glaubte, dass Puppen böse Geister quasi einfangen könnten, das Unglück würde also statt der Bewohner eines Hauses die Puppen treffen.

Später wurden die Puppen dann als Mitgift gegeben und auch heute werden sie traditionell von den Großeltern mütterlicherseits bezahlt. Die Bedeutung hat sich inzwischen jedoch etwas geändert. Es geht nicht mehr nur darum, Unglück abzuwenden, sondern man betet auch für das Wachstum der Mädchen. Wenn man die Puppen nicht rausstellt wird die Tochter übrigens in dem Jahr nicht heiraten, wenn man sie nach dem 4.3. noch aufgestellt lässt, wird sich die Hochzeit auch verzögern. Was ein Drama. 😉

AIMG_0533ber wer sind diese Figuren? Auf der obersten Stufen stehen die 内裏雛 (Dairibina, Kaiserpuppen), bestehend aus 男雛 (Obina; Kaiserpuppe) und 女雛 (Mebina; Kaiserinnenpuppe). Auf der zweiten Stufe stehen die 三人官女 (Sannin Kanjio; drei Hofdamen), auf der dritten 五人囃子 (Gonin Bayashi; fünf Musiker. Darunter findet man 随身 (Zuijin; Begleiter), mit einem jungen und einem alten Minister. Dazu gibt es natürlich noch mehr Geleit und allerlei Gegenstände, je nachdem, wie groß der Aufsteller ist.

Im 18. Jahrhundert wurde übrigens zeitweise die Größe festgelegt, weil die Leute so viel Geld in ihre Hina-Puppen steckten, dass sie dem Shogunat nicht mehr genug Geld abdrücken konnten. Man wehrte sich indem man einfach sehr kleine und detaillierte Puppen aufstellte.

Es gibt übrigens einen Grund, warum ich euch die Disney-Figuren zeige. Erstens, um zu zeigen, dass es so etwas gibt**, und zweitens, weil ich Puppen nicht mag. 🙁 Ich habe eine Aversion gegen Puppenhaare und weiße Puppen mit starren Gesichtern bereiten mir auch irgendwie Unbehagen.

** Auch mit Hello Kitty und anderen Charakteren.

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Leider würde mein Mann nie durchgehen lassen, dass wir einfach Disney-Figuren aufstellen, denn Tradition ist Tradition und wer weiß was passiert, wenn man das nicht richtig macht…

Was mich an Hinamatsuri am meisten freut, ist das Essen! Traditionell gibt es ちらし寿司 (Chirashi-Zushi), mein liebstes Sushi. Es ist einfach viel Sushireis in einem Behälter mit Pilzen, かんぴょう (Kanpyô, getrocknetem Flaschenkürbis), Lotuswurzel, Ei und mehr. 😀 Das kann sogar ich, denn man muss das Sushi nicht rollen. 😉

So lasse ich mir japanische Traditionen doch gefallen. Nomnomnom. 😀

Japanisches Neujahr.

Das neue Jahr hat begonnen, ich hoffe ihr habt Silvester unbeschadet überstanden!

IMG_0491Wir sind so langweilig wie ein Großteil der Japaner und haben an Silvester (大晦日 Ômisoka) gar nichts gemacht, außer die obligatorischen 年越しそば (Toshikoshi-Soba; Neujahrs-Soba) zu essen. Es gibt verschiedene Theorien, warum man Soba isst. Die, die ich kenne, besagt, dass die langen Nudeln ein langes Leben bescheren sollen.

An お正月 (Oshôgatsu; Neujahr) hatten wir ein volles Programm.

osechiLos ging es morgens um sieben, als im Hause der Schwiegereltern おせち料理 (Osechi-Ryôri; Neujahrsgerichte) aufgetischt wurden.

Aus Rücksicht auf mich wurde ein 和洋 (Wa-Yô; Japanisch-Westliches) Essen bestellt. Die symbolisch wichtigen Gerichte waren natürlich trotzdem dabei.

伊達巻き (Datemaki; fluffige Rollen aus Ei mit Fischpaste) sind für Erfolg, 黒豆 (Kuromame; schwarze Bohnen) für Gesundheit, 蒲鉾 (Kamaboko; weiß-pinke feste Rollen aus Fischpaste) sind generell festlich, 数の子 (Kazu no ko; Heringsrogen) für viele Kinder, 鯛 (Tai; Meerbrasse) für generelles Glück.

IMG_0496Außerdem gibt es jedes Jahr お雑煮 (Ozôni), eine Suppe mit 餅 (Mochi; klebriger Reiskuchen). Allerdings mag die Familie meines Mannes keine Mochi in der Suppe, weswegen sie getrennt serviert werden. Ozôni ist von Ort zu Ort unterschiedlich, in unserem ist Hühnchen, Grünzeug und 鳴戸巻き (Naruto-Maki; Fischpaste mit Kringeln).

Nach diesem sehr reichhaltigen Essen machten wir uns auf den langen Weg zu einem Tempel in unserer Nähe. Für 初詣 (Hatsumôde; den ersten Schreinbesuch im neuen Jahr) ist es absolut unerheblich, ob man zu einem shintoistischen Schrein oder einem buddhistischen Tempel geht. Es gibt natürlich Orte, die beliebter sind als andere, aber wir gehen einfach immer zum selben Tempel.

IMG_0511Nach unseren Bitten an das Universum mit der obligatorischen Geldspende*, ließen wir uns unsere Zukunft mit おみくじ (Omikuji) vorhersagen. Dabei schüttelt man eine Box mit nummerierten Stäbchen und lässt dann eines der Stäbchen durch ein Loch herausschauen. Sein Schicksal holt man sich dann aus einer Schublade, auf der dieselbe Nummer steht.

Leider war meine Vorhersage nicht so super toll, weswegen ich sie im Tempel angebunden habe, dann kann sie mir nicht folgen. Man darf leider nicht einfach so lange machen, bis man eine gute Vorhersage bekommt. 😉

* In Schreinen und Tempeln sind es eigentlich immer entweder 105 oder 150 Yen, das kann man selbst entscheiden.

Damit endete der traditionelle Teil unseres Tages und wir stürzten uns in den Konsum – zu Neujahr beginnt nämlich auch der große Schlussverkauf. Einige Kaufhäuser starten zwar erst am 2. Januar, aber Solamachi am Skytree hatte auf.

Ich fand nichts, aber mein Mann erbeutete ein Hemd und eine neue Hose.

Den Rest des Tages verbrachten wir vor dem Fernseher bei den Schwiegergroßeltern. Eine unglaublich langweilige Veranstaltung, aber alle kommen zusammen und man isst. Neujahr ist eigentlich nichts außer Daueressen. 😉

So viel zu den Vorsätzen um den Bauchansatz**…

** Scherz.

Weihnachten in Japan.

Jedes Land hat seine eigenen Weihnachtstraditionen. Viele davon gibt es schon hunderte von Jahren, und sind vom Religiösen ins Traditionelle gerutscht. Wir haben zuhause auf jeden Fall nicht die Geburt Jesu gefeiert. 😉

In Japan fand das erste Weihnachtsfest 1552 statt, als ein Missionar der Jesuiten eine Messe hielt. Allerdings wurde das Christentum 1612 verboten, und Weihnachten wurde über 200 Jahre lang nur von im Verborgenen agierenden Christen gefeiert.

Anfang des 20. Jahrhunderts gelang Weihachten dann durch den Einfluss Amerikas wieder nach Japan. Dass ein gesetzlicher Feiertag auf den 25.12. fiel, machte sich dabei natürlich sehr gut. Seit dieser Zeit ist Weihnachten eine fest Institution in Japan.

Heutzutage gibt es grob gesagt zwei verschiedene Arten, Weihnachten zu begehen: Wenn man Kind ist oder Kinder hat, wird Weihnachten wie auch in Deutschland mit der Familie gefeiert. Ist man allerdings kein Kind mehr oder hat man noch keine Kinder, ist es ein Tag für Pärchen – Valentinstag hat scheinbar nicht gereicht. 😉

Weihnachtsessen

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In Japan isst man zu Weihnachten Hühnchen. Früher war das eigentlich immer Brathähnchen, heute teilen sich Brathähnchen und Fried Chicken die Ehre. Warum Fried Chicken? Weil KFC seit den 70ern zu Weihnachten Werbung schaltet, die die gesamte japanische Bevölkerung einer Gehirnwäsche unterzogen hat. 😉

Bei KFC kann man schon im November vorbestellen, um sich sein Hühnchen zu sichern.

Bei uns gibt es übrigens Brathähnchen mit Knödeln und Rotkraut. 🙂

Zum Nachtisch gibt es Christmas Cake, meist Sahnetorte mit Erdbeeren. Davon bin ich selbst kein großer Fan, weil es abgesehen von den paar Erdbeeren nur süß ist.

Weihnachtstorten kann man natürlich auch schon ab Anfang November vorbestellen, je nach Anbieter und Größe kosten sie unterschiedlich viel. Wir backen uns lieber selbst etwas. 🙂

IMGP9750Weihnachtsbaum

Japanische Wohnungen sind klein und es gibt meines Wissens nach keine Müllabfuhr, die einem den Baum wieder abnimmt – man beschränkt sich also meist auf kleine Plastikbäumchen. Die echten Bäume sind in Japan oft auch super teuer und den ganzen Ärger mit Nadeln und weiß ich was… Lassen wir mal lieber. 😉

Weihnachtsmann

Wie das mit dem Weihnachtsmann abläuft, kann ich nur aus Erzählungen von meinem Mann sagen, es kann also sein, dass das woanders ganz anders ist. Mein Mann sagt, dass die Geschenke in der Nacht vom 24. auf den 25. an seinem Kopfkissenende einfach erschienen sind. Es gab wohl immer eine Ausrede, wie der Weihnachtsmann ins Haus gekommen sei, aber er hat ihn selbst nie gesehen.

Warum Weihnachten gefeiert wird, kann einem übrigens kaum ein Kind erzählen, es wird in Japan als rein säkulares Fest gefeiert. Dazu, ob das gut oder schlecht ist, hat jeder eine andere Meinung, mir persönlich ist es egal. Unserem Kind würde ich es wahrscheinlich beibringen, ich wusste es als Kind ja auch – nur an der Tatsache, dass es hauptsächlich ein Geschenkefest war und ist, hat es nichts geändert.

Auf dem Boot.

Am Freitag waren mein Mann und ich mit einem befreundeten deutschen Ehepaar auf der 東京湾納涼船 (Tôkyô-wan Nôryô-sen; Tokyo-Bucht Abendkühle-Schiff). Anfang des Monats hatte ich im Internet reserviert und die Tickets im Conbini bezahlt, 2,600Yen (19€) pro Person, bekam aber vorerst nur 引換券 (Hikikaeken; Umtauschtickets).

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Das Foto hat der Ehemann meiner Freundin geschossen. 🙂

Direkt nach der Arbeit machte ich mich mit einem Koffer bewaffnet zur Wohnung meiner Freundin auf, wo wir uns dann in Yukata umzogen, schminkten und die Haare hochsteckten. Mein Make-Up und meine Schuhe (!) habe ich natürlich gleich mal dort vergessen…

So fantastisch vorbereitet liefen wir dann, zusammen mit den Ehemännern, zum 竹芝客船ターミナル (Takeshiba Kyaku-sen-Terminal; Takeshiba-Passagierboot-Terminal), tauschten die Tickets, die ich im Conbini bekommen hatte, in echte um, kauften Essensmarken* und stellten uns an.

* Auf dem Schiff wird mit wahrscheinlich gutem Grund kein Bargeld angenommen.

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Foto mit Handy bei Nacht.

Im Durchschnitt sind wohl pro Tag um die 1500 Menschen auf dem Schiff, das einmal aus dem Hafen in die Bucht und wieder zurück fährt. Vom Schiff aus sehen kann man die Rainbow Bridge, die Tokyo Gate Bridge, den Tokyo Tower, Odaiba, Disney Land und ganz viele Hochhäuser. Tokyo bei Nacht liebe ich sowieso, das vom Schiff aus zu sehen war schön. 🙂

Nun ist es aber nicht einfach irgendein gemütliches Schiff, das durch die Gegend schippert, sondern ein Partyschiff mit 飲み放題 (Nomihôdai; All-You-Can-Drink). Japaner sind zum Glück selten agressive Betrunkene, aber einige Leute wankten gefährlich durch die Gegend und die Toilette auf den oberen Decks stank nach Erbrochenem. Wir hatten trotzdem viel Spaß, aber es war keine gediegene Veranstaltung.

20140829_192054Was meinem Mann am lustigsten fand, war das ständige ナンパ (Nanpa; Aufreisserei). Schon bevor das Schiff überhaupt abgelegt hatte, begaben sich unsere Männer auf das Abenteuer Essensbeschaffung, wir standen also zu zweit auf dem oberen Deck – und wurden gleich zweimal angemacht. Normalerweise bin ich vor Nanpa gefeit, mich hat in Tokyo seit Jahren niemand mehr angesprochen. Es steigen eben auch immer Gruppen von meist jüngeren Männern aufs Schiff, die nur mit dem Ziel eine Frau aufzureißen da sind. Als ich meinem Mann erzählte, dass jemand versucht hätte uns abzuschleppen, war er höchst amüsiert und beobachtete die verzweifelten Männer auf Beutefang.

20140829_210731Nach zwei Stunden war die Fahrt beendet und wir schauten noch bei einem nahen 夏祭り(Natsumatsuri; Sommerfest) vorbei. Dort bekam ich dann auch endlich mal einen 盆踊り (Bon-Odori; Bon-Tanz) zu sehen. 🙂

Was ich nicht wusste – mein Mann hat im Kindergarten und in der Grundschule Bon-Odori getanzt, und fing spontan an mitzutanzen**. Nach Brezeln in einem deutschen Restaurant und Gesprächen über die wirklich wichtigen Themen – welches Pokémon-Spiel kam wann, und ist es legitim Würstchen nach Japan zu schmuggeln – ging es dann langsam gen heim, wo wir erschöpft aber glücklich in die Betten fielen.

** Er war schon ziemlich betrunken.

Die Fahrt durch den Hafen kann man absolut mitmachen, für weniger als 20€ ist es fast geschenkt. Man muss sich nur vorher überlegen wie man zu angeheiterten Menschenmassen steht. 😉 Wir bedanken uns auf jeden Fall für den schönen Abend.