Den Spiegel öffnen.

masu

Einmal im Jahr dürfen wir auf Arbeit am Morgen trinken. Wir werden sogar ausdrücklich darum gebeten, und zwar beim 鏡開き (Kagamibiraki; Spiegelöffnen). Wie man das halt nennt, wenn man den Deckel eines Sake-Fasses mit Holzhämmern durchschlägt. 😉

Spiegel sind in Japan von alther recht mystisch, in ihnen lebten Götter und Seelen. Der Deckel eines Fasses ist rund und flach, und wird deswegen in diesem Fall auch als Spiegel bezeichnet. Aber wenn der Deckel eigentlich zerschlagen wird, warum wird dann von “öffnen” geredet? Weil wir natürlich keine Spiegel, in denen schließlich Götter oder Seelen leben, zerschlagen wollen. Außerdem wird im Japanischen auch das Glück geöffnet (運を開く un wo hiraku), und darum geht es bei der ganzen morgendlichen Trinkerei eigentlich: Um Glück und Erfolg! Nicht umsonst kommt das Wort 酒 (Sake) einer Theorie nach von 栄える水 (sakaeru mizu; Erfolgswasser). 😉

Die Zeremonie an sich ist immer ganz witzig, und einen マス (Masu), den hölzernene Trinkbehälter, gibt es auch dazu. Letztes Jahr war er mit Piktogrammen olympischer Sportarten verziert, dieses Jahr mit Zeichnungen von Schuhen. Für unsere Abteilungsleiter gibt es jedes Jahr ein 法被 (Happi), eine traditionelle Baumwolljacke, im gleichen Muster wie die Masu.

Kagamibiraki ist zwar sehr japanisch, aber es wird längst nicht bei allen Firmen gemacht. Bei meinem Mann auf Arbeit passiert am Kagamibiraki-Tag nichts. Ach ja, der Tag ist festgelegt: In Tokyo ist es der 11. Januar jeden Jahres, in Osaka und Kyoto sind es andere Tage. Am selben Tag isst man auch die 鏡餅 (Kagamimochi; Spiegelreiskuchen), eine Neujahrsdekoration.

Damit wären jetzt all meine Neujahrsevents begangen. 🙂

Was habt ihr für Traditionen an Neujahr?

Endlich Weihnachten.

%e5%86%99%e7%9c%9f-2016-12-22-20-29-43

Eigentlich feiern wir Weihnachten nicht am 24., sondern schon einen Tag vorher. Das hat keinen großen Grund abseits von der Bequemlichkeit: Der 23. Dezember ist der Geburtstag unseres Kaisers, und ein Feiertag. Der 24. ist in Japan gar nichts Besonderes, würden wir am richtigen Tag feiern, wäre das super stressig.

Doch dieses Jahr fällt der 24. auf einen Samstag, also haben wir heute gefeiert.

Ursprünglich war der Plan, heute ganz entspannt zuhause zu verbringen. Leider hatten wir die Rechnung ohne den Zeitplan des Abrissunternehmens, welches derzeit ein Haus direkt hinter unserem in seine Kleinteile zerlegt, gemacht. Von morgens um acht an. Wir sahen uns gezwungen zu fliehen. An Weihnachten!

%e5%86%99%e7%9c%9f-2016-12-24-18-13-04

Nach einem Besuch beim deutschen Weihnachtsmarkt, wie jedes Jahr ziemlich teuer, und beim Importladen, um Rotkohl zu kaufen, war es zwar noch lange nicht um fünf, wenn auf der Baustelle eigentlich immer Schluss ist, aber wir hatten trotzdem Hoffnung, dem Schlimmsten entgangen zu sein.

Denkste! Tatsächlich wurde bis fünf Uhr Krawall gemacht, wir haben uns aber fachmännisch mit Filmen abgelenkt und Kuchen gebastelt. Der ist dieses Jahr nicht ganz so schön geworden wie in den letzten, aber immerhin ist er selbstgemacht. 😉 Wir hatten einfach beide nicht die Energie etwas Großes auf die Beine zu stellen. Glücklicherweise ist der Zuckerweihnachtsmann auch dieses Jahr wieder sehr putzig, das macht einiges wett.

%e5%86%99%e7%9c%9f-2016-12-24-18-06-29

Auch unser alljährliches Weihnachtsessen ist nichts Großes, sondern besteht aus aufgewärmten Rotkohl, Fertigknödeln und Hähnchen aus dem Supermarkt. Immerhin schmeckt es gut. 😀 In der neuen Küche werden wir mehr Arbeitsfläche haben, vielleicht schaffe ich es dann auch mal, etwas anspruchsvolleres zu kochen.

Euch allen wünsche ich natürlich ein schönes Weihnachtsfest, mit all euren Liebsten, Geschenken und so viel Essen, dass ihr nicht mehr aufstehen könnt! 😀

Der Narita-Tempel.

Am selben Tag, an dem ich mit Tessa von Wanderweib die Burg von Chiba besuchte, fuhren wir auch nach Narita (成田). Narita ist den meisten Japanreisenden sicher ein Begriff, denn der große internationale Flughafen im Großraum Tokyo befindet sich dort.

Obwohl ich inzwischen sicher über zehn Mal über den Flughafen Narita geflogen bin, hatte ich es noch nicht geschafft, mir die Stadt Narita anzusehen. Eine große Attraktion gibt es dort, und zwar den Narita-san Shinshō-Tempel (成田山新勝寺).

narita3

Im Volksmund wird er einfach nur Narita-san genannt, und ist landesweit die zweitbeliebteste Pilgerstätte für Hatsumōde (初詣), den ersten Schrein- oder Tempelbesuch im Jahr. Der beliebteste ist der Meiji-Jingū (明治神宮) in Harajuku.

Vom Bahnhof Narita aus führt eine von Läden gesäumte Straße bis zum Tempel. Die Geschäfte dort sind zwar nur bis 17 Uhr geöffnet, aber der Besuch lohnt sich. Neben Souvenirs gibt es auch viel Essbares. Besonders beliebt ist dabei Aal. Der gilt in Japan zwar als absolute Delikatesse, aber weder Tessa noch ich stehen besonders drauf, weswegen wir darauf verzichteten.

Nach etwa 15 Minuten zu Fuß erwartete uns eine überraschend große Anlage. Auf der Karte des Tempels kann man die Größe ganz gut erahnen. Wenn man sich dort alles ansehen will, muss man relativ viel laufen. Und Treppen erklimmen. Oben, vor der großen Haupthalle (大本堂) angekommen sahen wir erstaunlich wenige Besucher. Wahrscheinlich verirren sich nicht allzu viele Leute an einem leicht verregneten Dienstagnachmittag nach Narita, egal wie voll es zu Neujahr ist.

narita1

Aber warum ist dieser Tempel überhaupt so beliebt? Weil angeblich mit Hilfe des Gottes, der dort lebt, vor über 1000 Jahren ein Aufstand niedergeschlagen wurde. Im 17. Jahrhundert wurde dann die Hauptstadt Japans nach Edo (江戸), heute Tokyo verlegt, und so ein Schutztempel in der Nähe ist da schon nicht unpraktisch. 😉 Später stellte dann ein berühmter Kabuki-Schauspieler den Gott des Schreins, Fudō- Myō’ō (不動明王) dar, was noch mehr Leute zu ihm kommen ließ.

Heute ist der Tempel recht modern und für Leute, die keine Treppen hochsteigen können, gibt es Aufzüge. Auch sonst ist der Tempel tasächlich zu großen Teilen barrierefrei, was ich sonst eher nicht erlebe. Zwischen den einzelnen Gebäuden ist auch genug Platz, so dass man wahrscheinlich auch wenn der Tempel voller ist nicht ständig mit jemandem zusammenstößt.

narita2

 

Wenn man noch ein weniger weiter den Berg hochkraxelt findet man übrigens auch einen Schrein, und zwar den Shusse-Kaiun-Inari-Schrein (出世開運稲荷神社). Ganz typisch für solche Schreine hat der rote Schreintore oder Torii (鳥居) und Fuchsstatuen – etwas untypisch ist das Wellplastikdach. Muss man sich nicht wirklich ansehen. Da gibt es in Tokyo schönere Inari-Schreine, z.B. den Nezu-Schrein (根津神社) in Tokyo.

Narita-Tempel kann man machen, vor allem, wenn man sowieso in der Nähe ist. Das Gelände ist groß genug, als dass man sich nicht ständig eingeengt fühlt. Ich muss aber auch zugeben, dass er mich abgesehen von der schieren Größe nicht besonders beeindruckt hat.

Das Wort zum Mittwoch: 5連休.

mittwoch

Japaner haben recht viele Feiertage. Dieses Jahr werden wir zum ersten Mal den 山の日 (Yama no Hi; Bergtag) feiern, und zwar morgen. 🙂 Den Freitag habe ich mir freigenommen. Am Montag ist dann das Büro geschlossen, weil viele Leute im August お盆 (Obon), das Totenfest, begehen. Aus gegebenem Anlass lautet das Wort zum Mittwoch deswegen:

lettering

5連休 (Go-Renkyû) besteht aus der Zahl fünf (go), dem Kanji 連 (ren, auch 連なる tsuranaru; in einer Reihe stehen, sich erstrecken) und dem Kanji 休 (kyû, auch 休み yasumi; Urlaub, Erholung). Es geht hier also um Urlaub, der sich über fünf zusammenhängende Tage erstreckt. 🙂

Dabei wird meist von Renkyû gesprochen, wenn irgendwo Tage drin sind, die man eh freigehabt hätte. Am gebräuchlisten ist sicher das lange Wochenende, wenn ein Feiertag auf Montag oder Freitag fällt. Das ist dann ein 3連休 (San-Renkyû).

Übrigens bot mein Chef mir an, dass ich doch gleich noch am Dienstag auch freinehmen könne, schließlich sei kaum jemand im Büro. Also: 6連休 (Roku-Renkyû)! 😀