Auf dem Boot.

Am Freitag waren mein Mann und ich mit einem befreundeten deutschen Ehepaar auf der 東京湾納涼船 (Tôkyô-wan Nôryô-sen; Tokyo-Bucht Abendkühle-Schiff). Anfang des Monats hatte ich im Internet reserviert und die Tickets im Conbini bezahlt, 2,600Yen (19€) pro Person, bekam aber vorerst nur 引換券 (Hikikaeken; Umtauschtickets).

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Das Foto hat der Ehemann meiner Freundin geschossen. 🙂

Direkt nach der Arbeit machte ich mich mit einem Koffer bewaffnet zur Wohnung meiner Freundin auf, wo wir uns dann in Yukata umzogen, schminkten und die Haare hochsteckten. Mein Make-Up und meine Schuhe (!) habe ich natürlich gleich mal dort vergessen…

So fantastisch vorbereitet liefen wir dann, zusammen mit den Ehemännern, zum 竹芝客船ターミナル (Takeshiba Kyaku-sen-Terminal; Takeshiba-Passagierboot-Terminal), tauschten die Tickets, die ich im Conbini bekommen hatte, in echte um, kauften Essensmarken* und stellten uns an.

* Auf dem Schiff wird mit wahrscheinlich gutem Grund kein Bargeld angenommen.

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Foto mit Handy bei Nacht.

Im Durchschnitt sind wohl pro Tag um die 1500 Menschen auf dem Schiff, das einmal aus dem Hafen in die Bucht und wieder zurück fährt. Vom Schiff aus sehen kann man die Rainbow Bridge, die Tokyo Gate Bridge, den Tokyo Tower, Odaiba, Disney Land und ganz viele Hochhäuser. Tokyo bei Nacht liebe ich sowieso, das vom Schiff aus zu sehen war schön. 🙂

Nun ist es aber nicht einfach irgendein gemütliches Schiff, das durch die Gegend schippert, sondern ein Partyschiff mit 飲み放題 (Nomihôdai; All-You-Can-Drink). Japaner sind zum Glück selten agressive Betrunkene, aber einige Leute wankten gefährlich durch die Gegend und die Toilette auf den oberen Decks stank nach Erbrochenem. Wir hatten trotzdem viel Spaß, aber es war keine gediegene Veranstaltung.

20140829_192054Was meinem Mann am lustigsten fand, war das ständige ナンパ (Nanpa; Aufreisserei). Schon bevor das Schiff überhaupt abgelegt hatte, begaben sich unsere Männer auf das Abenteuer Essensbeschaffung, wir standen also zu zweit auf dem oberen Deck – und wurden gleich zweimal angemacht. Normalerweise bin ich vor Nanpa gefeit, mich hat in Tokyo seit Jahren niemand mehr angesprochen. Es steigen eben auch immer Gruppen von meist jüngeren Männern aufs Schiff, die nur mit dem Ziel eine Frau aufzureißen da sind. Als ich meinem Mann erzählte, dass jemand versucht hätte uns abzuschleppen, war er höchst amüsiert und beobachtete die verzweifelten Männer auf Beutefang.

20140829_210731Nach zwei Stunden war die Fahrt beendet und wir schauten noch bei einem nahen 夏祭り(Natsumatsuri; Sommerfest) vorbei. Dort bekam ich dann auch endlich mal einen 盆踊り (Bon-Odori; Bon-Tanz) zu sehen. 🙂

Was ich nicht wusste – mein Mann hat im Kindergarten und in der Grundschule Bon-Odori getanzt, und fing spontan an mitzutanzen**. Nach Brezeln in einem deutschen Restaurant und Gesprächen über die wirklich wichtigen Themen – welches Pokémon-Spiel kam wann, und ist es legitim Würstchen nach Japan zu schmuggeln – ging es dann langsam gen heim, wo wir erschöpft aber glücklich in die Betten fielen.

** Er war schon ziemlich betrunken.

Die Fahrt durch den Hafen kann man absolut mitmachen, für weniger als 20€ ist es fast geschenkt. Man muss sich nur vorher überlegen wie man zu angeheiterten Menschenmassen steht. 😉 Wir bedanken uns auf jeden Fall für den schönen Abend.

Fastfood: Matsuya.

Im letzten Monat haben wir unser Budget für auswärtiges Essen drastisch nach unten korrigiert. Jede Woche mindestens einmal für leicht unter 10,000Yen (ca. 73€) essen zu gehen ist dann doch auf Dauer nicht finanzierbar.

20140816_125155Als am Samstag in der Nähe des Bahnhofs Tokyo zur Mittagszeit mysteriöserweise unsere Mägen anfingen zu knurren, beschlossen wir günstig essen zu gehen. Zum Glück gibt es überall 牛丼 (Gyûdon), hier ein Rezept zum Selberkochen. 松屋 (Matsuya) ist unser Lieblings-Gyûdon-Laden, andere Ketten sind 吉野家 (Yoshinoya) und すき屋 (Sukiya).

Gyûdon ist ein typisches Gericht, das schnell in der Mittagspause verputzt wird, es kommt also auf Geschwindigkeit an. Deswegen und damit hinter der Theke nicht mit Geld herumhantiert werden muss, kauft man sich an einem Automaten erst einmal Essenstickets.

Auch ohne Japanischkenntnisse kann man sehr einfach bestellen, weil alles auch auf Englisch beschriftet ist. Mit den Tickets bewaffnet setzt man sich dann auf einen der Stühle und überreicht sie entweder an den Angestellten oder legt sie einfach in ihrer Reichweite ab, falls grade keiner in der Nähe ist.

20140816_125447Wenn man keine Lust hat im Laden zu essen, kann man die meisten Gerichte auch zum Mitnehmen bestellen. 🙂

Ich habe プレミアム牛めし (Premium Gyû-Meshi; Premium Rind-Reis) und ein rohes Ei bestellt, die Miso-Suppe war im Set enthalten. Für 440Yen (3,20€) gar nicht schlecht. 🙂

Das Premium-Gyûdon gibt es (zumindest derzeit) in einigen Läden in Kantô (Präfekturen Chiba, Tokyo, Saitama, Kanagawa, Ibaraki, Gunma und Tochigi) und den Präfekturen Shizuoka, Ôsaka und Aichi, dafür aber kein normales. Das Standardgyûdon ist noch etwas günstiger, 240Yen (ca. 1,75€) statt 360Yen (ca. 2,60€) und damit sicher eines der günstigsten Essen, die man in Japan genießen kann.

Kann man sich auf jeden Fall antun, auch wenn man nicht versucht zu sparen.

Rakugo und Kimodameshi in Minami-Senju.

Dies ist der 500. Eintrag in diesem Blog! Vielen Dank an meine lieben Leser, ihr seid die beste Motivation! 😀 これからもよろしくお願いします!

Letzten Samstag richtete die NPO Japanize ein Event aus, das ich mir nicht entgehen lassen wollte: Rakugo (落語) und Kimodameshi (肝試し)! 😀

Rakugo ist eine humoristische Kunstform. Der Rakugo-ka (落語家) erzählt im Sitzen und nur unterstützt von Gestik, Mimik, einem Fächer und einem Tuch eine dialogreiche Geschichte, die mit einer Pointe endet. Beim klasischen Rakugo sind die Geschichten meist Jahrhunderte alt und werden immer wieder erzählt, dennoch ist es je nach Erzähler etwas anders.

Wer sich das mal anschauen möchte, auf YouTube kann man sich bis es jemand merkt die Serie “Tiger & Dragon” (タイガー&ドラゴン) mit englischen Untertiteln anschauen. 🙂 Dort beschließt ein Yakuza Rakugo-ka zu werden. Jede Folge wird eine andere Geschichte erzählt. 🙂

Dieses Mal ging es aber um ein wenig gruselige Geschichten, denn diese Woche ist Obon (お盆), das japanische Totenfest. Japan ist eh etwas abergläubisch und so kommen in vielen Geschichten Geister, Monster und Götter vor.

Der Tempel ist der 金閣寺 (Kinkakuji; Kinkaku-Tempel) in Kyoto :)

Der Tempel ist der Kinkakuji in Kyoto 🙂

Wir sahen uns in einem alten Badehaus, das jetzt für solche Events genutzt wird, “Shinigami” (死神; Todesgott) und “Okiku no Sara” (お菊の皿; Okikus Teller) an. Erzählt wurden sie von zwei Studenten, die im Rakugo-Club ihrer Universität sind und auch in Altersheimen und Krankenhäusern erzählen.

Es war wirklich interessant, Rakugo einmal live zu sehen!

Nach dem Rakugo wurden wir für das Kimodameshi (肝試し), Mutprobe, bei der man gruselige Orte besucht, zu zwei Tempeln geführt, in denen angeblich Geister erscheinen.

Der erste war der Jōkan-Tempel (浄閑寺), der im ehemaligen Vergnüngungsviertel Yoshiwara-Yūkaku (吉原遊郭) liegt. Er ist dafür bekannt, dass dort, vor allem nach dem großen Ansei-Beben von 1955 viele Prostituierte begraben wurden. Die Toten, denen Gesetzesbruch vorgeworfen wurde, wurden vollkommen nackt in eine Strohdecke eingerollt, mit dem Kaimyō (戒名), das ist der buddhistische Name, den man ins Jenseits mitnimmt, “売女” (Baita; Hure) versehen und einfach im Tempel abgelegt.

In den Tempel selbst kam man zu so später Stunde nicht mehr, aber ich finde es immer faszinierend, was für durchaus auch dunkle Hintergrundgeschichten solche Orte haben können.

So auch der zweite Tempel, den wir besuchten. Der Enmei-Tempel (延命寺) befindet sich auf dem Boden des Kodsukappara-Exekutionsplatze (小塚原刑場), auf dem unter anderem im Zuge der Ansei-Säuberung (安政の大獄) über 200.000 Menschen exekutiert wurden. Auch wurden die Exekutierten Ende des 18. Jahrhunderts für medizinische Lehrzwecke seziert. Ein unglaublich sympathischer Ort also, vor allem dank des Enthauptungs-Jizō (首切地蔵), der Seelen in die Unterwelt begleitet.

Richtig gruselig wurde es dank der netten Gesellschaft übrigens nicht, aber es war schon ziemlich interessant! 😀 Die japanische Geister- und Monsterwelt ist riesig, und alte Gruselgeschichten zu hören macht Spaß! Eventuell verirren sich mein Mann und ich demnächst noch einmal nach Asakusa um Rakugo zu sehen. 😉

Als ich wieder nach Hause kam stand vor der Tür übrigens ein Teller mit Salz – damit die bösen Geister nicht mit reinkommen bestreut man die Schultern und den Kopf zum Beispiel nach Beerdigungen mit etwas Salz. Gruselige Tempel erschienen meinem Mann scheinbar auch gefährlich. 😉

Zum Schluss noch die Geschichte von Okiku und ihren Tellern.

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Darf’s etwas Salz sein?

Als ich zuerst nach Japan kam, stieß ich im Supermarkt auf etwas, was mich bis ins Innerste erschütterte und mein Leben auf den Kopf stellte: Süßigkeiten mit Salz.

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Schokolade mit Salz, Karamell mit Salz, Schokoladen-Kartoffelchips (mit Salz), Eiscreme mit Salz… Gibt es hier alles.

Während das erst einmal aromatisch eher unangenehm klingt, habe ich nach einiger Zeit mal einen dieser Schokoladen-Chips probiert – unglaublich lecker!

Einmal bestellten wir Salz-Eis, in der Erwartung, dass es schrecklich schmecken würde, aber auch hier wieder – wirklich gut!

Aber warum salzt man Süßigkeiten? Im Vergleich zum Salz schmeckt der Zucker gleich viel süßer! Man trickst also seine Geschmacksnerven ein wenig aus. 🙂

Falls ihr also beim Japanurlaub über 塩キャラメル (Shio-Kyarameru; Salz-Karamell) oder 塩アイス (Shio-Ice; Salz-Eis) stolpern solltet – unbedingt mal ausprobieren! 😀

So eine Packung Schokoladen-Chips wäre jetzt nicht schlecht…