Anfang Juni nahmen mein Mann und ich uns einen Tag frei und besuchten Tokyo Disneyland. An diesem Tag war gefühlt die Hälfte aller Gäste chinesisch. Ich weiß nicht, ob zu der Zeit in China einfach Reisezeit war oder ob der günstige Yen etwas damit zu tun hatte, aber aus allen Richtungen hörten wir Chinesisch*. Und Disneyland war nicht wirklich gut vorbereitet.
* Ich weiß dass es kein “Chinesisch” an sich gibt. Ich kann es aber nicht auseinanderhalten.
Aber erst einmal ein wenig Hintergrund.
Chinesische Touristen lassen mit Abstand das meiste Geld im Land. Die neuen großen Tax-Free-Tempel an z.B. der 銀座 (Ginza) sind wahrscheinlich hauptsächlich mit chinesischen Kunden im Blickfeld erbaut worden. An den Flughäfen sieht man chinesische Touristen mit riesigen Kartons von Elektronikherstellern und sie kaufen die Luxusboutiquen leer.
Trotzdem sind Chinesen aber nicht die beliebtesten Touristen. Vorurteile sind unter anderem: Chinesen reisen im Rudel, sie sind laut, sie scheren sich nicht um Regeln und sie nehmen keine Rücksicht auf die Menschen in ihrem Umfeld. Im Vergleich dazu ist es wahrscheinlich die höchstgeschätzte japanische Tugend bloß niemandem auf die Nerven zu gehen. Leise treten, und lieber für sich selbst eine Unanehmlichkeit in Kauf nehmen als irgendjemanden in Verlegenheit zu bringen.** Es passt also irgendwie einfach nicht zusammen und Japaner sind beim Anblick chinesischer Touristen oft direkt genervt.
** Das gilt natürlich nur für Japaner unter 65 Jahren.
Chinesen sprechen auch, zumindest gefühlt, viel seltener als Koreaner Japanisch. Was total in Ordnung ist, von Touristen kann man nicht verlangen, dass sie mehr als drei Worte sagen können (“Hallo”, “Tschüss”, “Danke”). Nur leider sprechen noch weniger Japaner Chinesisch als Englisch. Und Englisch ist ja schon so schwer und peinlich und ach…
Womit wir zurück bei Disneyland sind. In einer Attraktion, Star Tours, wird vor Start geprüft, ob alle angeschnallt sind. Um zu testen ob wirklich alle Sicherheitsgurte fest sind, wird von den Besuchern an einem daran befestigten gelben Band gezogen. Sämtliche Informationen zu dieser Prozedur gibt es ausschließlich auf Japanisch. Wir fuhren dreimal mit Star Tours und dreimal gab es Probleme, weil chinesische Besucher nicht verstanden, was von ihnen verlangt wurde. Klar, ohne Erklärung ist es einfach nicht direkt ersichtlich. Wenn die japanischen Mitarbeiter aber einfach immer weiter und lauter auf Japanisch auf die chinesischen Besucher einreden frage ich mich, ob sie nicht in ihrer Schulzeit die Worte “yellow”, “strap” und “pull” gelernt haben.
Disneyland ist ein riesiger Touristenmagnet, nicht nur für inländische Besucher. An dem Tag unseres Besuchs haben sie mit Sicherheit die Hälfte ihres Umsatzes mit nicht-japanischen Touristen erzielt. Angesichts der derzeitigen Situation des chinesischen Aktienmarkts müssen die Mitarbeiter dort vielleicht nicht in naher Zukunft Chinesisch lernen, aber ein bisschen Englisch kann man dann doch schon erwarten. In fünf Jahren sind die olympischen Spiele in Tokyo, bis dahin muss das irgendwie werden für ihre お・も・て・な・し (Omotenashi, Gastfreundlichkeit), mit der sie sich die Zusage geangelt haben. Wer ausländische Touristen will sollte zumindest Englisch sprechen.