Während Korea für viele Japaner geschichtlich bedingt nicht immer das Lieblingsland war und teils noch immer nicht ist, schaffen es seit der Jahrtausendwende immer mehr koreanische Popgruppen und Serien den Sprung nach Japan. Das nennt sich koreanische Welle (韓流). Die Hauptzielgruppe sind dabei Frauen, die sich in einen schnuckeligen Koreaner vergucken können. Es gibt natürlich auch viel Kritik, vor allem wegen der Zustände in der koreanischen Unterhaltungsindustrie, von denen ich nur oberflächlich weiß und um die es gar nicht gehen soll.
Seoul ist das zweitliebste Reiseziel der Japaner (nach Hawaii), es gibt unglaublich viele Koreanischschulen und in einigen Kettenrestaurants und -izakaya gibt es koreanisches Essen. Korea ist also präsent. Koreaner auch.
Letzten Dienstag war ich mit einer Freundin in Shinōkubo (新大久保), dem tokyoter Korean Town. In den Straßen zwischen dem Bahnhof Shinōkubo, auf der Yamanote-Linie und dem Amüsierviertel Kabukichō befinden sich zahlreiche koreanische Läden, hauptsächlich spezialisiert auf koreanisches Make-Up*, Essen und Star-Anbetungs-Materialien.
* Zumindest Skinfood, Missha und Etude House (Links jeweils auf die japanische Seite) haben auch eigene Läden in anderen Teilen Tokyos.
Für das koreanische Star-Zeugs waren wir nicht zu haben, für Essen und Kosmetik dann schon eher. In den unglaublich vielen Kosmetik-Läden (leider oft mit sehr ähnlichem Sortiment), gab es mehr Cremes, Peelings, Masken und andere Pflegeutensilien als dekorative Kosmetik. Dafür aber Massen, und so vieles, was ich gern ausprobiert hätte, aber wie viele Reinungsschäume braucht ein einzelner Mensch?
Ich habe letztendlich eine Fußmaske, die wie eine Socke funktioniert und mich deswegen fasziniert hat, und ein Aloe Vera Gel gekauft. Also absolut im überschaubaren Rahmen.
Wie auch in japanischer Kosmetik findet sich in koreanischer oft ein Hautaufheller, der die Melaninproduktion senken soll.
Gegessen haben wir unter anderem bei Yofrutto, die Yogurt (normal und auch frozen) mit verschiedenen Toppings verkaufen. Die dort arbeitenden Koreaner waren ganz erstaunt, dass wir Japanisch sprechen, und ich bin mir sicher, dass sie dann auf Koreanisch über uns redeten. Alternativ ist das einfach meine paranoide Seite, die das so wahrgenommen hat.
Nett waren sie trotzdem, und wir konnten im engbesetzten Laden sogar einen Tisch für uns finden und auf dem Fernseher an der Wand liefen koreanische Musik-Videos. Ich würde sagen, dass 90% der Kunden weiblich waren, alle Mitarbeiter männlich. Man sieht, die koreanische Welle ist hauptsächlich ein weibliches Phänomen. 😉 Koreanische Männer werden in Serien natürlich als die allertollsten gezeigt, wie das bei Märchenprinzen im Fernsehen so ist, und irgendjemand hat den japanischen Fans verschwiegen, dass die Wirklichkeit nicht immer ganz so rosig ist.
Aber eigentlich geht es ja nicht darum, sondern um Frozen Yogurt! Der sollte viel mehr angeboten werden, am besten direkt vor meiner Haustür! Ob der dann koreanisch ist oder nicht, ist mir eigentlich latte. 😉
Während es recht viele koreanische Restaurants in der Gegend gibt, beschränkten wir uns auf kleinere Dinge, wie auch diese kleinen Donuts aus Mochi-Reis, die es bei Snow Spoon gibt.
Meiner war mit Kakao, der meiner Freundin mit Erdnuss besprenkelt und mit Anko-Füllung. Als ich ein Foto machen wollte, fiel mir natürlich erstmal mein Donut herunter, ich bekam von den netten Mitarbeitern des Ladens einen neuen geschenkt. Glück gehabt, denn die waren wirklich lecker.
In Shinôkubo finden sich übrigens auch ziemlich riesige Supermärkte mit koreanischen Produkten in alle Richtungen. Ich suche noch immer nach dem Sirup für dieses Aloe Vera-Getränk, aber irgendwie habe ich das nur einmal in Berlin gefunden, hier gibt es das nur schon fertig in Flaschen, die mir zu teuer sind.
Um unsere Reise nach Mini-Korea zu planen hat sich die Seite WOW新大久保 (auf Japanisch) als sehr hilfreich erwiesen. Dort gibt es eine Übersichtskarte und auch Läden nach Thema geordnet. Was mich ein wenig irrtiert, ist der Bereich der Seite, der sich ausschließlich damit beschäftigt koreanische Männer vorzustellen, die in Shinôkubo arbeiten. Das ist mir dann ein wenig zu sehr “Komm nach Shinôkubo, schleppe einen heißen Koreaner ab!”
Insgesamt hatten wir großen Spaß in Korean Town, und wenn nicht für Make-Up, lohnt sich der Weg auch nur für’s Essen und das internationalere Flair, das im Vergleich zu meinem Wohnort am Stadtrand herrscht. 10% der dort lebenden Menschen sind nämlich Ausländer, das wäre in Deutschland Durchschnitt, hier ist es schon eine kleine Sensation 😉