Traditionelle Baukunst in Shirakawagō in Gifu erleben

Am Freitag Morgen wachten wir früh auf, um den Shinkansen nach Kanazawa (金沢) zu bekommen. Während wir uns vor einigen Jahren noch mit dem Flugzeug nähern mussten, kommt man inzwischen sehr bequem mit der Bahn dorthin.

Mit Ekiben (駅弁) im Gepäck fuhren wir zweieinhalb Stunden durchs Land, mein Mann vor dem Handybildschirm, mein Vater auf der Suche nach Fotomotiven irgendwo in der Bahn und meine Schwester, meine Mutter und ich quatschend.

Der Wetterbericht hatte uns etwas Angst eingeflöst, weswegen wir direkt vom Bahnhof zu einer Car Sharing-Station liefen, um den einen wirklich vom Wetter abhängenden Ort zu besuchen: Shirakawa-Gō (白川郷).

Shirakawa-Gō liegt in der Präfektur Gifu (岐阜県 Gifu-ken), die Fahrt dauert mit dem Auto etwa eine Stunde. Als wir auf unserem Weg plötzlich mit Puderzuckerschnee bedeckte Berge entdeckten, machten wir einen kleinen Zwischenstopp auf einem Rastplatz, um die Umgebung gebührlich aufzunehmen. Wirklich: Wenn die Reisfelder nicht wären, könnte man auch in der Schweiz sein.

Im Dorf Shirakawa-Gō angekommen, war der Parkplatz schon ziemlich voll. Am Wochenende muss man Gerüchten zufolge sogar manchmal eine Stunde warten, bis man endlich parken kann. Da lohnt sich dann die Anreise per Reisebus.

Außer uns waren vor allem viele chinesische Touristen dort, was durchaus teilweise anstrengend war. Ich verstehe aber, warum man auf seiner Reise nach Shirakawa-Gō fahren will: Es ist viel größer als die beiden Orte in Toyama, und dank des Flusses wirklich malerisch.

Das Besondere an diesen Dörfern sind die Häuser mit ihren steilen Reetdechern (合掌造り Gasshōzukuri), die man wegen des vielen Schnees erbaut hat. Eines der Häuser konnten wir uns auch von innen ansehen, und es war wirklich interessant zu sehen, wie z.B. der Rauch von der Feuerstelle genutzt wurde, um Insekten im Reet abzutöten. Weil das Brennmaterial damals mehr Rauch erzeugte, mussten die Dächer nicht so oft neugedeckt werden, wie heutzutage.

Die Jahreszeit war übrigens ideal: Es war angenehm kühl, auf den Bergen lag noch Schnee, und die Kirschblühte blühte noch fleißig. 🙂

 

Hokuriku Tag 1: Gifu und Kanazawa.

Am ersten Tag unseres Urlaubs ging es Morgens um fünf zum Flughafen, weil der Göttergatte dringend Zeit in der ANA-Lounge verbringen wollte und wir daher unglaublich früh in Haneda ankommen mussten. Ist halt wichtig.

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Nach einer Stunde Flug erreichten wir Komatsu (小松), holten unseren fahrbaren Untersatz ab, und machten uns auf den Weg nach Toyama (富山県) um die reetgedeckten Häuser in der Region Gokayama (五箇山) zu sehen. Die Region bekommt viel Schnee ab, weswegen die Häuser dort traditionell sehr steil gewinkelt sind. Das nennt sich Gasshōzukuri (合掌造り) und ist Weltkulturerbe. Gasshō sind übrigens gefaltete Hände.

Wir waren in Ainokura Gasshōzukuri Shūraku (相倉合掌造り集落) und Suganuma Gasshōzukuri Shūraku (菅沼合掌造り集落), beide sind gut mit dem Auto zu erreichen, aber während in Ainokura 23 Häuser stehen, sind es in Suganuma nur neun. Bei beiden Dörfern zahlt man fürs Parken 500Yen. Wie vieles in Hokuriku lohnt sich die Fahrt aber nur bei gutem Wetter, dafür dann aber richtig.

IMGP3729In Kanazawa (金沢) in der Präfektur Ishikawa (石川県), hatten wir uns für die Tour des Myōryū-Tempels (妙立寺), auch Ninjatempel (忍者寺) genannt, angemeldet, und deswegen mussten wir schnell weiter. Bei der Einleitung zur Führung ging zwar ein wenig die Begeisterung flöten, als gesagt wurde, dass der Tempel absolut nichts mit Ninjas zu tun hat, spannend war es letztendlich aber trotzdem. Der Tempel war eher eine Fassade für einen Militärposten für den General Maeda Toshīe, deswegen hat er so schöne Dinge wie geheime Türen, versteckte Treppen, Falltüren und Fluchtwege. Angeblich führt ein unterirdischer Weg vom Tempel direkt in das Kanazawa Schloss, aber dieser Weg müssten unter einem Fluss hindurchführen, und die Existenz konnte noch nicht bestätigt werden.

Der Tempel ist riesig, denn während damals eigentlich eine Beschränkung auf zwei Geschosse durchgesetzt wurde, hat der Ninjatempel durch einige Kniffe gleich vier Geschosse, die von außen nicht zu erkennen sind. Das alles zu sehen ist sehr spannend und wird auf Japanisch gut erklärt, für englischsprachige Menschen gibt es auch einen Hefter, in dem alles wichtige aufgeführt ist. Fotos der Innenräume zu schießen ist verboten und für die Führung muss man sich telefonisch anmelden. Der Parkplatz ist unglaublich schwer zu finden und dann auch noch zu erreichen, wenn man mit dem Auto unterwegs ist, es am besten in der Nähe irgendwo abstellen, statt auf Biegen und Brechen die kostenlose Abstellmöglichkeit zu nutzen. Mein Mann hat nach 20 Minuten endlich aufgegeben.

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Unser letzter Programmpunkt für den Tag war die Nishi-Chaya-Gai (西茶屋街; westliche Teeladenstraße), deren Läden sind aber meist als Besucher nicht zu betreten. Generell gilt: Wenn vorm Laden kein Menü ausliegt, kommt man ohne Einladung nicht hinein. Die Straße an sich ist natürlich sehr hübsch, aber viel kleiner und unspektakulärer als ich dachte.

Es gibt ein Gebäude, in dem man sich ein restauriertes klassisches Establisment ansehen kann, natürlich ohne Geishas, aber sonst ganz nett. Zum Abendessen ging es zu einem ganz gewöhnlichen Kaitenzushi-Laden, wo mein Mann sich den Bauch vollschlug. Auf vollen Magen schläft es sich ganz gut, und Schlaf war auch bitter nötig, denn am nächsten Tag ging es wieder sehr viel zu früh aus den Federn…
(Hokuriku (北陸, wörtl. Nordküste) bezeichnet meist die Präfekturen Toyama, Ishikawa und Fukui. Wir waren in allen drei Präfekturen.)