Wegzehrung: 駅弁.

Wir fahren seit letztem Jahr vermehrt mit der Bahn in den Urlaub. Bis Mie (三重) oder Nagano (長野) mit dem Auto zu fahren ist anstrengend, da setzen wir uns lieber in eine Bahn und nutzen erst vor Ort einen Mietwagen.

Bevor wir aber in die Bahnen steigen, suchen wir uns am Bahnhof Ekiben (駅弁) aus. 🙂 Ekiben sind Essensboxen (弁当 Bentō), die man am Bahnhof (駅 Eki) als Wegzehrung kauft. Am Bahnhof Tokyo, von denen viele Shinkansen-Schnellbahnen abfahren, gibt es Ekiben mit Spezialitäten aus den verschiedensten Regionen. An den kleineren Bahnhöfen findet man vor allem lokale Speisen. 🙂

Ekiben sind für mich auch ein Zeichen dafür, wie wichtig Japaner Essen auf Reisen nehmen – ungefähr die Hälfte japanischer Reiseführer ist lokalen Leckereien gewidmet, und die erste Frage, die mein Mann bei der Reiseplanung stellt ist, was wir essen werden. Die Reise gleich mit Essen zu beginnen ist da nur konsequent.

Wenn ihr also mit der Bahn in Japan unterwegs sein solltet, vielleicht mit dem Japan Rail Pass (Eintrag bei Yoko Lost in Japan), würde ich euch absolut empfehlen bei einem Ekiben-Laden vorbeizuschauen. Japanische Esskultur in Reinform. 😉 Und falls ihr mit dem Flugzeug innerhalb Japans unterwegs seid: Dort heißt es Soraben (空弁), von 空 (Sora; Himmel) und 弁当 (Bentō; Essensbox), ist aber längst nicht so weit verbreitet.

Generell rate ich jedem, zu schauen, was im besuchten Ort als Delikatesse gilt. Wenn ihr euch in Kōbe (神戸) wiederfinden solltet, ist das natürlich recht einfach: Kobe-Rind (神戸牛). Aber wie schaut’s aus in Hiroshima (広島)?* Eine Gegend ist nicht durch Zufall für eine bestimmte Speise bekannt, es schmeckt meist wirklich wirklich gut. 🙂

* Dort ist’s unter anderem Okonomiyaki (お好み焼き).

Wenn ihr im Internet auf Japanisch danach suchen wollt, googlet nach eurem Zielort und ご当地グルメ (Gotōchi Gurume; Lokale Gourmet-Speisen).

Guten Hunger!

Wasserfälle in Yamanashi.

Derzeit ist Golden Week, eine Ansammlung von Feiertagen. Zu Golden Week groß zu verreisen ist meist verdammt teuer, weswegen wir beschlossen haben, nur für einen Tag kurz wegzufahren. Tagesausflug heißt übrigens Higaeri (日帰り), “am Tag zurückkehren”.

So fuhren wir am frühen Morgen mit dem Super Azusa (スーパーあずさ) nach Kōfu (甲府) in der Präfektur Yamanashi (山梨県). Von dort aus ging es mit dem Auto in die Berge, zur Nishizawa-Schlucht (西沢渓谷).

Die ist Teil des Chichibu-Tama-Kai-Nationalparks (秩父多摩甲斐国立公園), und für ihre Wasserfälle bekannt. Durch die Schlucht führt ein etwa zehn Kilometer langer Wanderweg – laut Internet “auch für Anfänger geeignet”. Das traf sich natürlich gut, wir sind schließlich blutige Anfänger. Selbst unsere Schuhwahl war nur marginal besser als letztes Jahr in Kamikōchi. 😉

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Woran wir nicht gedacht hatten, war, dass Wasserfälle von irgendwo fallen müssen – wir verbrachten ziemlich viel Zeit damit auf recht steilen Wegen nach oben zu klettern. Der Hinweg, der unten direkt am Wasser vorbeiführt, ist zwar machbar, aber wirklich anstrengend. Zum Glück kann man sich immer wieder am kalten Wasser erfrischen. Es ist wirklich so blau, wie auf den Fotos! 🙂

Zumindest am Montag Vormittag war es auch nicht halb so überrannt wie eben Kamikôchi oder unser kleiner tokyoter Berg Takao. Zwar trafen wir ein paar andere Gruppen, aber wir kamen einander kaum in den Weg.

Am Nanatsugama-Godan-no-Taki (七ツ釜五段の滝), dem Sieben-Töpfe-Fünf-Stufen-Wasserfall, gelangt man über eine Brücke auf die andere Seite der Schlucht um den Heimweg anzutreten. Dort geht es zwar erst sehr steil nach oben, doch der Rest des Rückwegs gestaltet sich sehr viel entspannter.

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Damals wurden Karren über Schienen auf den Berg gezogen, um Holz zu transportieren. Die Schienen sind teils noch vorhanden. 🙂 Auch wenn der Abstieg recht sanft ist, ist es noch immer eine Schlucht – es geht gefährlich weit nach unten.

Gleich zwei Brücken sind nach Leuten benannt, die mit ihren Pferden in die Tiefe gestürzt sind, was nicht unbedingt beruhigend ist. Insgesamt ist es zwar weniger anstrengend als der Weg nach oben, aber auch etwas langweiliger. Die ganzen Highlights hat man eben schon auf dem Hinweg bestaunt.

Nach etwa drei Stunden kamen wir wieder bei unserem Leihwagen an, und fuhren als Belohnung für unsere harte Arbeit zum Fruits Onsen Pukupuku (フルーツ温泉 ぷくぷく). Um den herum stehen Felder, Yamanashi ist für seine Trauben und Pfirsiche bekannt. Leider ist aber noch nicht Erntezeit. 🙂 Vom Onsen tiefenentspannt fuhren wir wieder nach Hause.

Heute stellt sich für mich die Frage, ob man eigentlich von Muskelkater sterben kann… 😉

Mehr Fotos findet ihr auf der Facebook-Seite! 🙂

Kyushu, Teil 4: Mehr Oita.

An unserem vierten und letzten Tag auf 九州 (Kyûshû) mieteten wir ein Auto und fuhren nach 別府 (Beppu).

Beppu ist, wie auch die ganze Präfektur, für seine 温泉 (Onsen; heißen Quellen) bekannt. Wusstet ihr eigentlich, dass man mit jedem Onsenbesuch Steuern bezahlt? Die 入湯税 (Nyûtôzei; Heißes-Bad-Steuer) ist bei jedem Besuch einer natürlichen heißen Quelle zu entrichten und im Eintrittspreis enthalten. 🙂

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Zuerst fuhren wir in die Gegend um den Bahnhof Beppu, um den 竹瓦温泉 (Takegawara-Onsen) zu sehen. Der steht in seiner heutigen Form seit 1938 in Beppu und ist noch immer in Betrieb. Er wirkt weniger wie ein Onsen, und mehr wie ein 銭湯 (Sentô; Badehaus), aber das liegt wahrscheinlich daran, dass ich sonst immer nur etwas abgelegene Onsen besucht habe – und nicht welche im Rotlichtbezirk.

Das ist die Gegend um diesen Onsen nämlich auf jeden Fall. Prostitution ist zwar illegal, aber das stört in Japan niemanden. Und so befinden sich in unmittelbarer Nähe dieses alten und sehr schönen Onsens Bordelle, Stripclubs und was es sonst noch so gibt.

Das Beppu, das touristisch stark vermarktet wird, befindet sich weiter im Norden: 鉄輪 (Kannawa) heißt die Gegend, und bekannt ist sie für den 別府地獄めぐり (Beppu-Jigoku-Meguri; Beppu-Höllenrundgang). Die Höllen sind Landschaften mit heißen Quellen, die dank eines Vulkanausbruchs vor etwa 1200 Jahren entstanden sind. Jede Hölle ist etwas anders, und ich würde den Besuch jedem ans Herz legen. 🙂

Wir stellten das Auto vor der 海地獄 (Umi-Jigoku; Meereshölle) ab, und kauften für 2100Yen (ca. 16,70€) pro Person ein Kombiticket für alle acht Höllen. Die ersten sechs erreicht man recht bequem zu Fuß.

Vor allem die kleineren Höllen haben oft etwas überflüssigerweise noch andere “Attraktionen”, die der deutschen Vorstellung von adäquater Tierhaltung nicht ganz entsprechen. Alligatoren in winzigen Käfigen, ein Nilpferd in einem winzigen Käfig, Tropenfische in einem winzigen Aquarium… Ich hätte es schöner gefunden, hätten sie das sein gelassen.

Auf unserem Weg zum Auto um die letzten zwei Höllen zu besuchen, wurde ich plötzlich angesprochen – von einer Blogleserin. In Oita. Da bin ich das ganze Jahr über im vor Touristen nur so überquellenden Tokyo, und treffe aber das erste Mal im weit entfernten Kyushu auf eine Leserin. 😀 Es hat mich auf jeden Fall sehr gefreut.

Nachdem wir wirklich alle Höllen gesehen hatten, ging es mit dem Auto nach 中津 (Nagatsu) um die 中津城 (Nakatsu-jô; Nakatsu-Burg) zu besichtigen.

Erbaut wurde sie unter 黒田 官兵衛 (Kuroda Kanbê), einem kurzzeitlich christlichen Feudalherren, Ende des 16. Jahrhunderts. Während es auf Fotos aus dem richtigen Winkel recht eindrucksvoll aussieht, ist es eigentlich ziemlich klein. Wir waren ein wenig verwundert. Allein dafür lohnt sich die weite Anfahrt nämlich wirklich nicht.

Vielleicht wäre ich interessierter gewesen, wenn ich irgendetwas über Kuroda Kanbê wüsste. Doch auch nach einem Besuch des kleinen kostenlosen Museums neben der Burg, blieb mir nur sein Helm (japanischer Link) in Erinnerung – der sieht nämlich aus wie eine umgedrehte Schüssel. Vielleicht, damit er auch auf dem Schlachtfeld immer Geschirr dabei haben würde? 😉

Weil wir auf Reisen immer Glück mit dem Wetter haben, fing es an zu regnen. Bevor wir aber in einer heißen Quelle unsere Körper aufwärmen konnten, wollten wir noch eine Sache sehen: Den Kumano-Magaibutsu (熊野磨崖仏) oder Kumano-Steinbuddha. Manchem aufmerksamen Leser werden bei “Kumano” vielleicht die Ohren klingeln. Wir waren erst kürzlich in Kumano, an der alten Pilgerroute die zu den Kumano-Sōhonsha, den Kumano-Hauptschreinen, führt. Eben solch ein Kumano-Schrein steht auch auf diesem Berg in Oita. 🙂

Zu sehen sind Acala (auf Japanisch Fudōmyōō) und Vairocana (auf Japanisch Dainichiyorai), beide vor über 800 Jahren im 12. Jahrhundert in den Stein gemeißelt. Und der Ort ist nicht leicht zu erreichen! Nur über eine super steile Treppe, die der Legende nach ein Dämon in einer Nacht aus Steinen aufgeschichtet hat, gelangt man dorthin. Vor allem im Regen war das doch etwas gefährlicher als geplant. 😉

Nach einem wohlverdienten Zwischenstopp in einem Onsen gaben wir das Auto wieder ab und warteten am Flughafen auf unser Flugzeug nach Tokyo. Und warteten. Und warteten. Wie immer verspätete der Rückflug sich um etwa eine Stunde, weswegen wir erst um Mitternacht in unsere Betten fallen konnten.

Das war Kyushu. Wart ihr schon einmal dort? Habt ihr noch etwas ganz anderes als wir gesehen? Würdet ihr gern hinfahren? 🙂

Kyushu, Teil 3: Oita.

Die Präfektur Ōita war der Hauptgrund für unsere Reise. Mein Mann war vorher noch nie dort gewesen, und wir hatten nur Gutes gehört. 🙂 Besonders gefreut hatten wir uns auf die Fahrt nach Oita, mit dem Yufuin no Mori (Wald von Yufuin), einer Schnellbahn, die Hakata in der Präfektur Fukuoka mit Yufuin (由布院)* in der Präfektur Oita verbindet. Sie fährt nur dreimal am Tag, und für alle Plätze braucht man Sitzplatztickets.

* Es gibt auch die Schreibweise 湯布院 (Yufuin). Es hängt wohl eigentlich davon ab, wie viel von Yufuin inbegriffen ist. Viele haben aber das Gefühl, dass 湯布院 eher gebraucht wird, wenn es um Tourismus geht – 湯 (Yu) heißt “heißes Wasser”, und Yufuin ist für seine heißen Quellen bekannt.

Die Bahn selbst ist mit viel Liebe zum Detail und mit viel Holz gestaltet. Bei Google Street View kann man die Bahn sogar virtuell besichtigen. Es ist eine Bahn für Touristen, und interessante Orte, an denen die Bahn vorbeifährt, werden vorher angekündigt.

Oft heißt Fernbahnfahren in Japan vor allem “durch Tunnel fahren”, doch Tunnel sind auf dieser Strecke eher spärlich und man kann sich an der Landschaft erfreuen – und die ist wirklich, wirklich schön. Klare Flüsse, hohe Berge, sattes Grün – was will man mehr? Wir hatten der Zugbegleiterin erzählt, dass wir für unseren fünften Hochzeitstag in Kyushu unterwegs waren, und bekamen, in Yufuin angekommen, eine spezialle Karte in die Hand gedrückt:

Wir möchten uns herzlich dafür bedanken, dass Sie an so einem wichtigen Tag mit dem Yufuin no Mori gefahren sind. Wir hoffen, dass Sie eine schöne Zeit in Oita verbringen.

Aww. 🙂

Yufuin ist ein kleiner Ort mit Onsen, heißen Quellen. Bei Touristen ist er sehr beliebt, und auch im asiatischen Ausland bekannt. Unser Problem: Wir waren um 16:40 am Bahnhof angekommen, und die meisten Läden in Yufuin schließen um fünf. Außerdem war es noch immer super kalt.

Dass Yufuin ein Touristenmagnet ist, merkt man vor allem an den Läden: Spezialläden für Honig neben Marmelade-Manufakturen, neben Hello Kitty- und One Piece-Läden. Etwas für die japanischen und etwas für die ausländischen Touristen.

Der Ort ist sicher schön, wenn das Wetter besser mitspielt und man früher ankommt. Wir stiegen nach nur anderthalb Stunden in die Bahn zur Stadt Oita.

Dort angekommen, aßen wir in einem spottgünstigen Izakaya Spezialitäten aus Oita, im Foto z.B. Toriten (とり天), Hühnchen-Tempura. Alkohol gab es nur für mich, mein Mann wollte nicht wieder mit einem Kater aufwachen. 😉

Am nächsten Tag musste er nämlich für den letzten Teil unserer Reise autofahren. 🙂 Wie das war, seht ihr im nächsten Eintrag!