Japanisches Neujahr: Essen, essen, essen.

Am letzten Tag des alten Jahres gab es bei uns Toshikoshi-Soba (年越しそば) um das Jahr auslaufen zu lassen. Soba sind lang, und so soll auch das Leben sein. Man könnte also wahrscheinlich auch Spaghetti essen…

Der japanische Neujahrsabend ist langweilig. Nichts passiert, es gibt kein Feuerwerk (außer im Disneyland), nur im Tempel nebenan wird 108 Mal auf die Glocke geschlagen, jeder Schlag steht für eine Versuchung der Menschen. Man könnte natürlich in den Tempel gehen, aber wir hatten es nicht auf eine Erkältung angelegt.

Und so schliefen wir früh, erwachten wie durch ein Wunder kurz vor Mitternacht und gingen kurz nach Mitternacht wieder schlafen, denn am nächsten Tag musste das große Festessen beginnen. Durch den Tod des Großvaters meines Manns durften wir zwar nicht zu sehr feiern, und einiges vom Osechi fiel aus, aber wir sind dennoch mehr als satt geworden. Das scheint in Japan eh öfter das Ziel verschiedener Feierlichkeiten sein – essen bis man platzt.

Unter anderem gab es Ozôni, eine klare Suppe, mit Grünzeug, Hühnchen und für gewöhnlich Mochi. Mochi wird bei uns nicht direkt in die Suppe getan, sondern extra gegessen, weil mein Mann das so wohl lieber mag. Wer weiß…

Nach dem viel zu gehaltvollen Frühstück wurde ich in einen Kimono umgezogen. Kein besonderer, weil wir den nicht hätten anziehen können, sondern ein Alltagskimono, der noch herumlag. Meine Schwiegereltern haben alles irgendwo im Haus, auch wenn sie es nicht verwenden. Die Ärmel waren leider etwas kurz, aber das ist mein generelles Problem in Japan und ich habe aufgehört, mich darüber zu ärgern.

Dummerweise bedeuten kurze Ärmel aber auch, dass man noch mehr friert, als man es sowieso würde und so zitterte ich mich zum Tempel zum Hatsumôde (初詣), dem ersten Tempelbesuch im neuen Jahr. Interessanterweise gab es außer mir kaum Kimonoträgerinen, wahrscheinlich weil es zu kalt und das Anziehen zu umständlich ist.

Als wir wieder zurückkamen zog ich mich auch sofort um, wärmte mich auf, und wir fuhren zu einem großen Einkaufszentrum in der Nähe. Ab dem 1.1. werden jedes Jahr die Fukubukuro (福袋) verkauft, über die ich im nächsten Eintrag ein wenig schreiben werde, und außerdem beginnt der große Neujahrs-Sale, weswegen das Einkaufszentrum unglaublich voll war, und wir recht schnell wieder nach Hause fuhren.

Kurz bevor wir dann zum Haus der Großeltern aufbrechen wollten, traf ein relativ großes Erdbeben Tokyo. Im Meer hatte es tief unter der Erdoberfläche gerumpelt, und das kam bei uns natürlich auch an. Dennoch machten wir uns auf den Weg, und wurden bei den Großeltern mit Essen vollgestopft (die Schwiegergroßmutter ist natürlich eine richtige Großmutter mit ständiger Angst, dass ihre Kinder und Enkel verhungern könnten…).

Und das war’s auch schon. Ich war den gesamten Tag über einfach nur so satt, dass ich zu der festen Überzeugung gelangte, demnächst zu platzen. Hat aber wieder nicht geklappt…

Geburtstags-Wetter.

Am Samstag hatte ich Geburtstag.

Meine Geburtstage sind sonst spektakulär unspektakulär, ich gehe meist mit Freunden essen, aber dieses Jahr hatte ich zumindest eine Attraktion: Monsterregen.

Am Morgen nieselte es vor sich hin, und mein Mann und ich beschlossen, nach Heizteppichen zu gucken. Unsere Wohnung gleicht vor allem um fünf Uhr morgens eher einem Außenposten an der Antarktis, während wir lieber auf Hawaii wären. Als wir nach kurzer Zeit mit dem Herumgucken fertig waren, sah die Welt schon ein wenig düsterer aus.

Aus Ermangelung an Ideen ging es weiter nach Toyosu zum Lalaport, einem riesigen Einkaufszentrum, wo wir die Zeit noch ein wenig weiter totschlagen konnten. Um die Mittagszeit aßen wir in einem Restaurant mit Blick auf die tokyoter Bucht, wo wir einem Regenschirm ohne Besitzer dabei zusehen konnten, wie er in rekordverdächtiger Geschwindigkeit durch die Gegend flog. Aber klar, ist ja auch am Meer, da ist der Wind halt stärker.

Denkste. Nach einem Umweg über Tokyo waren wir wieder am Heimatbahnhof und wollten zum geheimniskrämerischst vom Mann reservierten Abendessen laufen, doch Wind und Regen waren nicht bereit für fünf Minuten mal die Füße still zu halten, und so mussten wir, gebückt hinter dem Schirm laufend, durch das Mistwetter. Ich war in Sicherheit, aber noch nicht mein Mann. Der hatte angeblich seinen Schlüssel verloren, und musste wieder raus in den Sturm. Zurück kam er nicht mit Schlüssel, sondern mit einem großen Blumenstrauß und nasser Jacke. In Überraschungen ist er gut, und unerschrocken in der Ausführung. Ein echter Samurai!

Auf dem Rückweg hatte sich das Wetter zum Glück etwas beruhigt, wir sind trotzdem lieber mit dem Bus gefahren, denn unsere Bäuche waren zu schwer. Diese Woche soll übrigens die ganze Zeit die Sonne scheinen…

Taifun Nummer 15.

Wie viele in den Nachrichten gelesen haben dürften, ist heute mal wieder Taifun-Zeit in Tokyo. Normalerweise drehen Taifuns vor der Hauptstadt instinktiv ab, denn mit uns will nicht mal eine Naturgewalt etwas zu tun haben. Diesmal ist das anders.

Während im Spiegel von Taifun “Roke” geredet wird, nennt ihn hier keiner beim Namen – der ist einfach die Nummer 15 diesen Jahres. Daran erkennt man vielleicht auch, dass wir das öfter mal haben. Dann windet und stürmt es, ein paar Bahnen bleiben stehen und wir verkriechen uns in der Wohnung.

Heute ist das ein wenig extremer, es stürmt wirklich, fast alle Bahnen der JR (das ist der Großteil der überirdischen Linien) stehen und mein Schirm war dem Ansturm der Regentropfen nicht gewachsen. Ich bin zum Glück noch nach Hause gekommen, bei meinem Mann ist das anders, der gurkt noch in der Umgebung herum und versucht nach Hause zu kommen.

Sogar unsere Hausverwaltung macht sich scheinbar Sorgen um uns, heute lag ein Brief von ihnen im Briefkasten. Man hofft, dass wir alle gesund sind. Es könnte sein, dass die Tiefgarage vollläuft. Es könnte übrigens auch sein, dass Flüsse überlaufen.

Leider hält der Spuk nur bis Mitternacht, ist also keine Ausrede, um der Arbeit fern zu bleiben – dafür ist Freitag Feiertag (Herbstanfang) und ich kann ein langes Wochenende genießen.

Der Feind lauert vorm Fenster.

Es ist, noch immer, Sommer. Über den japanischen Sommer habe ich ja bereits gemeckert, aber über das fast Schlimmste habe ich noch gar nicht berichtet: Singzikaden.

Das fette Viech auf dem Foto saß übrigens auf meinem Balkon, aber die verirren sich auch gern in meine Wäsche (und sind dann unfähig sich aus den Maschen der Handtücher zu befreien).

Ich habe den Wikipedia-Beitrag nicht gelesen, deswegen weiß ich nicht, warum die einen dermaßenen Krach veranstalten, aber ich gehe einfach davon aus, dass es um Sex geht. Alles nur stumpfe Angeberei auf meinen Kosten. Ich habe sogar versucht, das Geräusch für euch aufzunehmen, aber meine Kamera hat die Töne aus Selbstschutz nicht ordentlich aufgenommen. Hier ist mein Versuch, die Geräusche sind übrigens fast ausschließlich durch die kleinen Biester entstanden, denn unsere Wohnung liegt sehr ruhig. Mit Fenster zu einigen Bäumen, wo die Zikaden wohl bis zum bitteren Ende ausharren werden.

Nachts sind sie übrigens ruhig, so dass man schlafen kann, aber ansonsten habe ich hier ständige Lärmbelästigung. Wären sie wenigstens hübsch anzusehen….