Das Donut-Debakel.

Ich kaufe jeden Nachmittag fürs Abendessen ein. Der Supermarkt ist im Bahnhof, und ich bin klein und schwach, da schleppe ich lieber jeden Tag ein bisschen was nach Hause als ein Kamel mieten zu müssen, um alle Sachen für eine Woche kaufen zu können. Auf jeden Fall gibt es auch jeden Abend Dessert, meist Kuchen oder Pudding oder was grad heruntergesetzt war. Gestern bin ich extra zu Mr. Donut gelaufen, um für meinen donutliebenden Mann und mich fünf Donuts zu kaufen.

Warum fünf? Ganz einfach: Bis zum Abend halte ich es nicht durch, ohne zumindest eine der verlockenden Zuckerbomben zu essen, bleiben noch vier, die wir ganz gerecht teilen könnten. Der Mann kam gestern aber gar nicht zum Abendessen nach Hause, und so aß ich noch einen Donut. Es bleiben drei übrig.

Heute morgen beschloss er, zum Frühstück Donuts zu essen. Für mich war die Sache klar, er kriegt zwei, ich einen. Der steht mir ja auch wohl zu! Nachdem er den ersten gegessen hat folgende Szene:

Er (mit der Tüte auf dem Schoß): Links oder Rechts?

Ich: Hmn?

Er: Links oder Rechts?

Ich, in holmes’scher Manier, erinnere mich, dass der Erdbeerdonut links liegt.

Ich: Links!

Er dreht die Tüte um 180° und isst den Erdbeerdonut.

Ich: Was? Das ist gemein! Das ist unfair! Du kannst doch nicht einfach die Tüte drehen!

Er: Das war eine Falle! Hättest du gesagt, du willst den Erdbeerdonut okay, aber so nicht.

Er isst.

Er: Aber sag mal, wenn ich mir das genau anschaue, waren hier doch eh mehr als drei Donuts drin.

Ich: Was?

Er: Die Tüte hast du schonmal aufgemacht.

Ich: Niemals!

Er: Wie viele hast du gegessen?

Ich: … zwei.

Er: Und wer ist größer, du oder ich? Wer braucht mehr Energie? Also ess ich den jetzt auch.

Und mit vom Schock geweiteten Augen muss ich zusehen, wie mein Mann sämtliche Donuts vernichtet.

Ich: Du hast meinen Donut gegessen…

Er: Du hast wohl gedacht, wenn du nichts sagst, merke ich nicht, dass du schon welche gegessen hast.

Ich: Aber nach meinem Plan steht mir der letzte zu!

Er (macht den Wasserhahn an): Ich kann dich nicht hören…

Das wird ein Nachspiel haben!

Nichts passiert. Nichts.

Die Reise ist bezahlt. Wir fliegen also nach Hokkaidô! Das ist das erste Mal seit letzten Sommer, dass wir ganz alleine irgendwo hinfahren. Na ob wir uns da nicht an die Gurgel gehen…

Ansonsten passiert hier nicht so viel.

Am Sonntag waren wir mit den Schwiegereltern am Fluss grillen. Ich muss zugeben, dass ich dem Fleisch nach japanischem* Geschmack, nämlich mit viel Fett, nicht viel abgewinnen kann. Wie man davon viel verspeisen kann ist mir ein absolutes Rätsel. Zum Glück hatten wir auch Salat dabei.

* das bezieht sich ausschließlich auf meine Bekannten und meine Familie.

Am Fußweg am Fluss entlang stehen auch viele Kirschbäume, die am Sonntag teils noch blühten. Die meisten Blütenblätter waren aber schon heruntergeweht worden. Teils sind große Flächen ganz weiß davon. Inzwischen blüht es sicher nicht mehr so schön, aber nächstes Jahr gibt’s ja wieder die Kirschblüte!

Aber vorher muss ich zu den Feuerwerken im Sommer! Bisher war ich noch nie bei einem. 2008 war ich grad erst in Japan angekommen, 2009 war ich vorher schon wieder in Deutschland. 2010 war ich zur Regenzeit zu Besuch und 2011 waren die meisten Feuerwerke wegen des Erdbebens im März gestrichen worden. Dieses Jahr dann, endlich!

 

Kamakura.

Am Dienstag war Feiertag und wir wollten mal wieder raus aus der Stadt. Mit der Bahn eineinhalb Stunden von unserem Zuhause entfernt liegt Kamakura.

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Kamakura könnte man als kleines Kyoto bezeichnen: Viele Tempel, viele Souvenir-Läden, viele Touristen.

Wir haben die Stadt mit dem Fahrrad erkundet, ausgeliehen gleich am Bahnhof, denn das Wetter war wunderschön und wir wollten nicht ständig in Bahnen und Bussen sitzen. Ohne Rad wären wir um einiges länger unterwegs gewesen, aber so war es ganz angenehm – auch wenn die ganze Stadt nur aus Hügeln zu bestehen scheint. Ansteigenden Hügeln, die nie absteigen.

Los ging es beim Tsurugaoka Hachimangū (鶴岡八幡宮), einem shintoistischen Schrein mit Omikuji-Automaten und vielen Tauben. Außerdem gesehen haben wir auch ein Eichhörnchen, dass ganz dreist Nüsse geklaut hat – aber dabei war es so fluffig…

Dort fand auch eine Hochzeit statt, vor all den Touristen. Uns wäre das gar nichts gewesen, da gefällt uns unser kleiner Tempel doch besser.

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Weiter ging es zum Zenibaraibenzaiten (銭洗弁財天), in dem man um monetäres Glück bitten kann, und Sasuke-Inari-Schrein (佐助稲荷神社), mit den charakteristischen roten Bögen (鳥居; Torii), zum Daibutsu (大仏), der großen Buddha-Statue.

Die ist zwar kleiner als andere und misst gerade einmal 13,35m, ist aber dennoch ein, wenn nicht das Wahrzeichen der Stadt. Demzufolge waren auch viele Touristen dort und mit dem Fahrrad gab es kaum noch Durchkommen. Die Statue hat schon mehrere Erdbeben überstanden, bei denen jeweils nur der Sockel beschädigt wurde. Inzwischen lagert sie wohl auf einem erdbebensicheren System, ist also wahrscheinlich beweglich. Am Rücken gibt es übrigens Klappen, die zur Belüftung geöffnet werden – man kann da nämlich unten rein. Das haben wir uns aber gespart, dafür war es viel zu voll.

In Kamakura waren übrigens auch recht viele Ausländer, und als wir an einer vorbeliefen gab es folgenden wunderbaren Dialog:

Mein Mann: Hast du gehört?

Ich: Was? Wer?

Mein Mann: Die Frau sprach total tolles Japanisch!

Ich: Warum sagst du das bei ihr nach drei Sekunden und bei mir werden Fehler rausgepickt?

Mein Mann: Weil du Japanerin bist.

Ich: …

Mein Mann: Nein, du bist halt ganz besonders!

Na dann.

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Bevor wir die Fahrräder wieder zurückgeben mussten, ging es noch zum Jōmyō-Tempel (浄妙寺), in dessen Garten wir uns ein wenig entspannen konnten. Dank der recht abseits gelegenen Lage ist es dort nicht allzu überfüllt – obwohl natürlich ein Feiertag an dem die Sonne scheint nicht der ideale Auslugstag ist, wenn man seine Ruhe haben möchte.

Ach, und wir haben die ersten Kirschblüten gesehen. Es ist inzwischen wieder Kirschblütenzeit, aber wir kommen einfach im täglichen Leben nicht an zu viele Orte mit vielen Kirschen. Schade eigentlich.

Uns hat der Ausflug auf jeden Fall ein wenig aufgeholfen, nachdem wir mit der Arbeit recht beschäftigt und nicht am Ende unserer Kräfte aber unserer Lust waren. Der Göttergatte ist jetzt auf einer anderen Baustelle und meine Klasse hat bald eine andere Zusammensetzung, denn das Anfang des neuen Schuljahres naht. Bis dahin!

Deutschland? Schon?

Morgen geht es nach Deutschland. Neun Monate war ich nicht dort, habe selten Deutsch gesprochen, und generell in einer ganz anderen Welt, mit hübscheren Klamotten und kleineren Wohnungen, gelebt.

Morgen also. Der Flug ist schon längst gebucht, wir fliegen in der Business Class über München nach Berlin. Erstes Mal Business Class, erstes Mal Langstreckenflug mit meinem Mann. Bisher bedeutete Abflug vom Flughafen Narita immer Trennung und Tränen – meine im Flugzeug, wenn ich vom Fenster aus die Stadt sah, seine, wenn er nach Hause kam, in eine Wohnung ohne mich. Fernbeziehung ist am Anfang einer Trennungsphase am schlimmsten. Danach gewöhnt man sich dran, allein zu sein.

Aber, wir fliegen diesmal zusammen. Mein Mann liebt das Fliegen, er wollte als Kind Pilot werden, und eigentlich ist das noch immer sein Traum. Ich will im Flugzeug eigentlich nur schlafen und nach Möglichkeit nicht mitbekommen, dass wir uns viel zu schnell vorwärts bewegen. Wenn dieser gemeine Göttergatte mich dabei stören sollte gibt es Ärger.

Wir werden 15 Stunden unterwegs sein, und trotzdem, dank der Zeitzonen, am selben Tag um 20 Uhr in Berlin ankommen. Und dann geht’s rund:

Am Samstag fahre ich zu meiner Freundin Julia, um das Hochzeitskleid abzuholen, dass sie mir genäht hat. Am Sonntag ist dann die Hochzeit im Herzen Berlins (noch so eine Formulierung, die ich nicht mag), und danach Essen in der Nähe meines Elternhauses angesagt. Am Montag dann Erholung, ein bisschen Kultur, ein bisschen einkaufen (bei H&M in Japan gibt es keine Unterwäsche. Wer hat sich denn sowas ausgedacht?) und am Dienstag und Mittwoch sind der Mann und ich in Wien, und bekommen von meiner Freundin Olga die Stadt gezeigt. Gerüchten zufolge ist ein Tisch in einem Schnitzelrestaurant reserviert. Donnerstag wird der letzte Tag, den wir ganz frei genießen können, denn am Freitag geht es wieder zurück nach Japan.

Eine Woche Deutschland. Eigentlich viel zu wenig, aber mein Mann konnte sich nicht länger freinehmen, und ich kann es mir eigentlich auch nicht erlauben. Also müssen wir es machen, wie die ganzen anderen japanischen Touristen: Alles fotografieren und dann zuhause schauen, wo wir überhaupt waren. Das wird was.

In der Zeit gibt es keine Blogeinträge, außer ich finde Zeit und Lust. 😉