Was anders war.

Wir sind wieder aus Deutschland zurück. Der Mann noch mit übelstem Jetlag, ich schon wieder ganz fit. Deutschland nach neun Monaten mal wieder zu sehen war ganz witzig. Einige Dinge ändern sich doch in der Wahrnehmung sehr.

War Berlin zum Beispiel schon immer so dreckig? Da sind all diese schönen Häuser und Straßen (viel schöner als Tokyo!), und dann werden sie mit Abfall überschwemmt, obwohl an jeder Ecke ein Mülleimer hängt. In Tokyo gibt es keine städtischen Mülleimer, trotzdem wirft hier kaum jemand seinen Müll einfach auf die Straße. Während in Tokyo auf vielen Straßen Rauchverbot herrscht (es in Restaurants aber oft immernoch erlaubt ist…), laufen in Berlin und Wien unglaublich viele Menschen mit dem Glimmstengel durch die Gegend und verpesten die Luft und vermüllen die Bürgersteige. Generell, der Respekt vor anderer Leute Eigentum ist offensichtlich nicht ganz so groß, wenn ich mir die zerkratzten Fensterscheiben in den Bahnen ansehe. Diese sind aber immerhin schön beheizt und nicht übermäßig voll. Die Tickets sind auch unglaublich günstig. 6,30€ für eine Tageskarte? Ich bezahle 1,500 Yen jeden Tag nur um zur Arbeit zu fahren.

Laut meinem Mann wirken die Leute entspannter. Weniger überarbeitet, mit mehr Zeit um Zeit zu haben. Als wir am frühen Abend zu meinen Eltern nach Hause fuhren, bemerkte er ganz neidisch, dass die Leute sicher alle von der Arbeit nach Hause kämen – um sieben. Die Berliner scheinen auch mehr Spaß zu haben als die Tokyoter, vielleicht liegt es nur an der japanischen Zurückhaltung.

In der Stadt selbst scheint sich aber wenig getan zu haben. Am Ostkreuz geht es ein wenig voran, ein paar neue Baustellen* haben sich aufgetan, ansonsten alles wie immer. Berlin ist auch 2012 nicht schöner oder freundlicher geworden, aber ganz schrecklich finden kann ich es natürlich nicht. Selbst wenn, würde ich mich doch damit herausreden, dass ich Berlin einfach auf dem falschen Fuß erwischt habe – im Sommer ist’s dort nämlich viel schöner!

* Kommentar Mann: “Die arbeiten ja gar nicht! Warum arbeiten die nicht? Es ist Montag! Bei uns wird notfalls auch am Sonntag durchgearbeitet!”

Deutschland? Schon?

Morgen geht es nach Deutschland. Neun Monate war ich nicht dort, habe selten Deutsch gesprochen, und generell in einer ganz anderen Welt, mit hübscheren Klamotten und kleineren Wohnungen, gelebt.

Morgen also. Der Flug ist schon längst gebucht, wir fliegen in der Business Class über München nach Berlin. Erstes Mal Business Class, erstes Mal Langstreckenflug mit meinem Mann. Bisher bedeutete Abflug vom Flughafen Narita immer Trennung und Tränen – meine im Flugzeug, wenn ich vom Fenster aus die Stadt sah, seine, wenn er nach Hause kam, in eine Wohnung ohne mich. Fernbeziehung ist am Anfang einer Trennungsphase am schlimmsten. Danach gewöhnt man sich dran, allein zu sein.

Aber, wir fliegen diesmal zusammen. Mein Mann liebt das Fliegen, er wollte als Kind Pilot werden, und eigentlich ist das noch immer sein Traum. Ich will im Flugzeug eigentlich nur schlafen und nach Möglichkeit nicht mitbekommen, dass wir uns viel zu schnell vorwärts bewegen. Wenn dieser gemeine Göttergatte mich dabei stören sollte gibt es Ärger.

Wir werden 15 Stunden unterwegs sein, und trotzdem, dank der Zeitzonen, am selben Tag um 20 Uhr in Berlin ankommen. Und dann geht’s rund:

Am Samstag fahre ich zu meiner Freundin Julia, um das Hochzeitskleid abzuholen, dass sie mir genäht hat. Am Sonntag ist dann die Hochzeit im Herzen Berlins (noch so eine Formulierung, die ich nicht mag), und danach Essen in der Nähe meines Elternhauses angesagt. Am Montag dann Erholung, ein bisschen Kultur, ein bisschen einkaufen (bei H&M in Japan gibt es keine Unterwäsche. Wer hat sich denn sowas ausgedacht?) und am Dienstag und Mittwoch sind der Mann und ich in Wien, und bekommen von meiner Freundin Olga die Stadt gezeigt. Gerüchten zufolge ist ein Tisch in einem Schnitzelrestaurant reserviert. Donnerstag wird der letzte Tag, den wir ganz frei genießen können, denn am Freitag geht es wieder zurück nach Japan.

Eine Woche Deutschland. Eigentlich viel zu wenig, aber mein Mann konnte sich nicht länger freinehmen, und ich kann es mir eigentlich auch nicht erlauben. Also müssen wir es machen, wie die ganzen anderen japanischen Touristen: Alles fotografieren und dann zuhause schauen, wo wir überhaupt waren. Das wird was.

In der Zeit gibt es keine Blogeinträge, außer ich finde Zeit und Lust. 😉

Bibliothek in Japan, grüne Hexen und ein überarbeiteter Ehemann.

Eigentlich war die letzten Wochen nicht viel los. Ich erzähle trotzdem mal.

Mein Mann ist fast nur noch auf Arbeit. Unter der Woche schläft er im Hotel, weil er, würde er die eineinhalb Stunden nach Hause fahren, ein noch größeres Schlafdefizit hätte. Im Gegensatz zu mir kann er in der Bahn nämlich nicht schlafen. Morgen fahre ich vielleicht abends zum Hotel, um ihn mal wieder zu sehen und ihm saubere Kleidung zu bringen. Ich rette mich mit dem Gedanken, dass wir in zwei Wochen zusammen in Deutschland sind und sowieso schon mehrere Monate, ohne einander sehen zu können, überstanden haben. Derweil betreibe ich Retail-Therapy.

Nachdem ich großspurig angekündigt hatte, mehr Bücher zu lesen, habe ich mich bei der Bibliothek angemeldet. Die Stadt unterhält Bibliotheken an verschiedenen Orten. Die größte könnte ich theoretisch mit dem Fahrrad erreichen, wäre es nicht so kalt. So muss ich mit Bahn und Bus hinfahren. Die kleinste habe ich gleich an dem Bahnhof, an dem ich jeden Morgen in den Zug gen Arbeit steige. Die hat leider nur japanische Bücher, und ich muss zugeben, dass ich das Schmökern in japanischen Buchhandlungen und Bibliotheken noch üben muss.

Dafür bekomme ich am Wochenende aber ein großes Bücherpaket mit Büchern von 東野圭吾 (Higashino Keigo), der das Buch zu 麒麟の翼 (Kirin no Tsubasa) geschrieben hat, von meiner Schwiegermutter.

Die Internetplattform der Bibliothek hier ist übrigens nicht so ausgereift, wie das des VÖBB (Verbund öffentlicher Bibliotheken Berlin).

Auf Arbeit läuft soweit auch alles rund, bis auf einen Mitarbeiter, der nur Probleme bereitet. Ich will nicht zu viel darüber schreiben, aber während er für sechs Monate in einer anderen Filiale arbeitete, wurde kein neues Kind angemeldet, bei uns waren es fast zehn. Meiner Meinung nach sollte er sich nach einem anderen Job umsehen, am besten nach einem, in dem er nicht mit Leuten reden muss.

Die Kinder werden aber immer besser darin, Englisch zu sprechen und generell sozialverträglich zu sein, das freut mich und ich schreibe es natürlich alles auf meine Kappe. 😉

Oh, und ich habe mal wieder etwas Deutsches in Japan gefunden: Grüne Hexe (im Japanischen 緑の魔女, Midori no Majo). Das ist eine Reihe von Reiningungsprodukten, die schonend für die Umwelt sind. Bei mir zuhause sind fast alle Reinigungsmittel supermegaumweltverträglich, erstens, weil ich es vernünftig finde, die Belastung für Umwelt und den eigenen Körper gering zu halten, und zweitens – habt ihr mal an dem Zeug gerochen? Das riecht unglaublich gut nach Kräutern!

Aber, kennt irgendjemand die Firma in Deutschland? Auch wenn auf der Flasche überall steht, dass es aus Deutschland kommt (da kann man nämlich stolz drauf sein), gesehen habe ich die grüne Hexe im Laden in Deutschland noch nie.

Ein bisschen Deutschland in Japan: Dallmayr.

Als Privatperson darf man kein Fleisch nach Japan einführen. Was also tun, ohne die gute Wurst?

Im Takashiyama Tokyo gibt es einen Dallmayr-Stand. Es gibt auch andere deutsche Wurst in einigen Supermärkten, obwohl ich mich frage, was an deutschem Schinken so viel besser ist als an japanischem. Aber, wenn man unbedingt 840Yen (=7,94€) für Rollschinken ausgeben möchte, kann man das natürlich machen. Zwei Fliegen mit einer Klappe: Kurbelt die deutsche und die japanische Wirtschaft an.