Blutgruppen, und warum Japaner sie wichtig finden.

Irgendwann fragen einen die meisten Japaner, welche Blutgruppe man hätte. Das Gespräch läuft meiner Erfahrung nach fast immer folgendermaßen ab:

Japaner: Welche Blutgruppe hast du?

Ich: Ich glaube A/B/AB/O*.

Japaner: Habe ich mir gedacht!

Ich: Okay…

* Blutgruppe 0 (Null) ist in Japan Blutgruppe O.

Viele Japaner glauben daran, dass die Blutgruppe den Charakter beeinflusst, und dass man deswegen vom Charakter auf die Blutgruppe schließen kann. Um 1914, 14 Jahre nach der Entdeckung der Blutgruppen durch den Österreicher Karl Landsteiner, begann ein japanischer Arzt zum Zusammenhang zwischen Blutgruppe und Charakter zu forschen. Spoiler Alert: Es gibt keinen.

Blutgruppe und Kompatiblität - Mit A, B, O, AB und dem Sternzeichen die derzeitige Beziehung eindeutig verstehen.

Blutgruppe und Kompatiblität – Mit A, B, O, AB und dem Sternzeichen die derzeitige Beziehung eindeutig verstehen.

Irgendwie ist das aber nicht bei allen Japanern durchgesickert und so gibt es im Fernsehen und in Zeitschriften Blutgruppen-Horoskope. Wie Horoskope mit Sternzeichen, nur simpler. Dass die kompletter Quatsch sind, verstehen die meisten Leute noch. Doch selbst mein Mann, der eigentlich genau weiß wie unsinnig es ist, versucht die Blutgruppe von Leuten anhand von Charaktereigenschaften zu erraten. Das ist irgendwie sehr tief verankert.

(Kommentar meines Mannes und meiner Schwiegermutter: 日本人の常識だよ! (Für Japaner ist das Allgemeinwissen!))

Aber welche Blutgruppe passt eigentlich zu welchem Charakter?

Blutgruppe A: Aufmerksam, sensibel und einfühlsam, nimmt Rücksicht auf andere Personen, unterstützt alle um sich herum, hält sich selbst zurück um keinen Konflikt zu provozieren, muss erst von etwas überzeugt sein um daraufhin zu handeln, lässt nicht die Sau raus, liebt Ordnung, teilt Dinge schnell in Schubladen ein, ist ausdauernd, fleißig und ein sicherer Autofahrer.

Blutgruppe B: Macht Dinge in seiner eigenen Geschwindigkeit, denkt nicht so sehr an andere und zieht sein eigenes Ding durch, hält sich nicht an Regeln und dreht manchmal am Rad, optimistisch, mag Menschen und öffnet jedem sein Herz, hält keine Fassade aufrecht, hat Angst Freunde zu verlieren, wird schnell einsam, ändert schnell die Meinung und den Standpunkt, ist flexibel, pragmatisch, jagt seinen Träumen nicht hinterher, macht gern einen drauf, verliebt sich schnell, mag Feste, und hängt sich nicht an gescheiterten Beziehungen auf.

Blutgruppe AB: Perfektionist, sehr materialistisch und von Begehren getrieben, psychisch belastbar, jagt seinen Träumen und Idealen hinterher, denkt logisch, leicht verletzlich, hat einen etwas komplizierten Charakter, gibt seinem Privatleben Priorität, hasst es, wenn Leute sich einmischen, hat viele Hobbies, wissbegierig, Bücherwurm, hat weit ausuferndes Wissen, hat einzigartige Ideen, wirkt immer jugendlich, hat märchenhafte Hobbies (was auch immer das ist) und führt einfache Beziehungen.

Blutgruppe 0: Realist, denkt wirtschaftlich, finanziell unabhängig, stark in schweren Zeiten, romantisch, träumt davon auf einen Schlag reich zu werden, ambitioniert, zielstrebig, ist wie ein Elternteil oder eine große Schwester und kümmert sich um jüngere oder weniger erfahrene Menschen, ist anfangs sehr reserviert, taut aber auf, ist nicht auf Details fixiert sondern sieht die großen Zusammenhänge und liebt sehr intensiv, will den geliebten Menschen aber nur für sich.

So. Falls es euch noch nicht aufgefallen ist: A und O sind die “guten” Blutgruppen, die beinhalten, was für Japaner einen guten Menschen ausmacht. Natürlich sind einige Eigenschaften nicht ideal, aber das war wahrscheinlich um nicht allen A und O-Menschen einen Heiligenschein aufsetzen zu müssen.

B ist schwach und wankelnd, außerdem egoistisch und würde wahrscheinlich als “nicht für die japanische Gesellschaft brauchbar” eingestuft werden. AB ist zu individuell in einer Gesellschaft, die Gleichsein idealisiert. Ihr seht also, wenn jemand nur anhand seiner Blutgruppe eingeschätzt wird gibt es in Japan Gewinner und Verlierer.

Aber immerhin sind es mehr Gewinner als Verlierer, denn in Japan haben ca. 40% Blutgruppe A, 30% Blutgruppe 0, 20% Blutgruppe B und nur 10% Blutgruppe AB. 70% sind also “Gewinner”.

Mein Mann und meine Schwiegermutter waren übrigens felsenfest davon überzeugt, dass in China die meisten Blutgruppe B hätten, weil Chinesen so unhöflich und selbstbezogen seien. Nachdem ich mit ihnen dann mal durch den schönen “Blood type distribution by country” (Blutgruppenverteilung nach Land)-Artikel auf Wikipedia gegangen bin, stellten sie fest, dass das wohl doch keinen Zusammenhang haben könne. In China haben laut diesem Artikel 47.7% Blutgruppe 0, dieselbe wie die gesamte Schwiegerfamilie.

1409569342265Übrigens beantwortete ich die Frage am Anfang dieses Eintrags immer mit “Blutgruppe A”, weil meine Mutter mir gesagt hatte, dass das so sei. Bei einer Untersuchung wurde meine Blutgruppe mitgetestet, ich sei in Wirklichkeit Blutgruppe 0. Bei einer Blutuntersuchung beim Arzt fragte ich, ob man nicht meine Blutgruppe und den Rhesusfaktor mittesten könnte und jetzt habe ich einen Blutgruppenausweis.

Gerüchten zufolge ist sowas auch für etwas anderes als Zukunftsvorhersagen gut. 😉

Ich bin 永住者!

(Jaha, zwei Einträge an einem Tag!)

Als ich im März den Antrag auf 永住権 (Eijûken; ewiges Wohnrecht*) stellte, wurde mir gesagt, dass ich wohl mindestens acht Monate warten müsse, bis eine Entscheidung gefällt sein würde. Ich ging also davon aus, dass es eher ein Geburtstagsgeschenk für mich selbst werden würde und habe zwar immer mal dran gedacht, aber saß nicht ständig vorm Briefkasten und habe gewartet.

* Auf Deutsch heißt das “Niederlassungserlaubnis”, was aber irgendwie nicht richtig klingt. Ewig! Für immer!

Am Donnerstag war dann plötzlich die Briefkarte von der 入国管理局 (Nyûkoku-Kanri-Kyoku; Einwanderungsbehörde) da. Große Freude, ich bin dann am Freitag ein wenig früher von der Arbeit gegangen und nach 千葉 (Chiba) gefahren um meine neue 在留カード (Zairyû Card; Aufenthaltskarte) abzuholen.

20140905_165208Anders als beim Antragstellen musste ich diesmal keine Ewigkeiten warten, sondern hatte meine Karte schon nach dreißig Minuten in der Hand! 😀

Die Karte sieht aus wie jede andere Aufenthaltskarte, nur der Status wurde von 日本人の配偶者等 (Nihonjin no Haigûsha nado; Ehepartner eines Japaners, etc.) in 永住者 (Eijûsha; Permanent Resident) geändert und bei der 在留期間 (Zairyû-kikan; Aufenthaltsdauer) und dem 満了日 (Manryôbi; Ablaufdatum) stehen keine Daten, sondern Sternchen. Läuft nämlich nicht mehr ab. FUCK YEAH!

Die Karte selbst muss ich alle sieben Jahre erneuern lassen, das nächste Mal also 2021.

Was bringt mir das nun überhaupt?

Nichts unglaublich Tolles, aber erstens muss ich nicht mehr alle paar Jahre drölfzighundert Formulare ausfüllen und Dokumente einsammeln um ein Visum zu beantragen, zweitens ist das neue Visum unabhängig von meinem Mann und drittens hörte ich, dass so ein Visum durchaus gut ist um bei Banken Vertrauen aufzubauen, wenn man zum Beispiel einen Kredit braucht.

Dinge die ich selbst mit dem tollen Wisch nicht kann: Wählen. Mich zur Wahl stellen. In einer öffentlichen Institution arbeiten. Bei der Armee** arbeiten. Dinge, die ich eh nicht geplant hatte.

Permanent Residency ist auch nicht dasselbe wie Staatsbürgerschaft. Die bekommt man entgegen anderslautender Gerüchte durchaus auch, muss seine ursprüngliche Staatsbürgerschaft aber abgeben. Und mal ganz im Ernst: Ich habe einen europäischen Pass und jetzt ein Visum, mit dem ich so lange in Japan bleiben kann, wie ich will – Was will ich mit einem japanischen Pass?

** Welchen Begriff verwenden wir derzeit? Sind wir noch bei Selbstverteidigungsstreitkräften, oder darf man es inzwischen Armee nennen?

Ich freue mich natürlich riesig, dass ich nie wieder Ewigkeiten in diesem hässlichen Warteraum mit den unerzogenen chinesischen Gören* verbringen muss, mal schauen ob wir am Wochenende noch ein wenig feiern. 🙂

* Es sind immer chinesische Gören.

Immer wieder “Auf Wiedersehen”.

Was einem keiner verrät, bevor man ins Ausland geht, ist dass man sich oft von Leuten verabschieden muss, zumindest wenn man mit anderen Ausländern zu tun hat. Leider verlassen immer wieder Freunde das Land, aus den verschiedensten Gründen.

Pictlink_20140902_170936Meine Freundin Lucie habe ich am Dienstag zum vorerst letzten Mal getroffen.

Zwei Jahre haben wir zusammen gearbeitet. Sie war die erste Kollegin, mit der ich auch außerhalb der Arbeit etwas unternehmen wollte. Zusammen ging es zum Karaoke, zum Trinken, zum Kochen und zum Host Club.

Außerhalb der Arbeit haben wir in Japan sehr unterschiedlich gelebt, was mir aber eher Gelegenheit gab, Dinge zumindest aus zweiter Hand zu erleben, die mir sonst ganz fremd sind. Host Clubs zum Beispiel. Ich mag Drama, mit dem ich nicht involviert bin. 😉

Pictlink_20140902_170834Weil Zurückwandern mit unglaublich viel Stress verbunden ist, hatte Lucie nicht viel Zeit, für Purikura und Kaffee hat es aber noch gereicht. 🙂 Gar nicht viel Zeit für einen emotionalen Abschied, weswegen ich auch erst so richtig traurig wurde, als ich schon wieder zuhause war.

Abschiede sind blöd. Ich hoffe nur, dass Lucie ihren großen Fehler bald einsieht und wieder nach Japan zurückkommt. 😉

(Come back, we have the Kawaii!)

Leider wird das wohl eine Konstante in meinem Leben in Japan bleiben. Meine kanadische Freundin Amanda ist mit Working Holiday, also nur für ein Jahr, hier und selbst meine beste Freundin in Japan wird nicht für immer hier bleiben. 🙁

Da kann man nur versuchen in Kontakt zu bleiben und neue Freundschaften zu knüpfen – idealerweise mit Leuten, die für immer hier bleiben.

Claudia wird zum Samurai.

Am Samstag ging es, von der Schifffahrt noch ganz erschöpft, nach 中目黒 (Nakameguro), um am Samurai Workshop von Field Trip+ teilzunehmen.

殺陣 (Tate; Bühnenkampf) ist die Kunst, einen Kampf im Fernsehen oder auf der Bühne gefährlich und tödlich aussehen zu lassen, ohne tatsächlich irgendjemanden zu verletzen. Wir haben uns angesehen, wie das beim 日本刀 (Nihon-tô; Katana) funktioniert.

Alle Fotos via Field Trip+

Alle Fotos via Field Trip+

Weder bei uns im Workshop noch in Filmen werden natürlich echte Schwerter verwendet. Erstens müssen die alle registriert werden, und zweitens wären die japanischen Zeitungen sonst um einige Schlagzeilen in Richtung “Berühmter Schauspieler aus Versehen enthauptet” reicher. Stattdessen verwendet man im Film Schwerter aus Holz, Aluminium oder ähnlichen Materialien. Wir hatten 木刀 (Bokutô; Holzschwerter).

Unsere Lehrer waren 米山勇樹 (Yoneyama Yûki) und 川渕かおり (Kawabuchi Kaori) vom Sword Performance Team 偉伝或〜IDEAL〜.

Nachdem wir uns aufgewärmt hatten, wurden uns Tate und die verschiedenen Teile des Schwerts erklärt, und wir lernten, wie so ein echter Samurai sich vorstellt: Immer mit der rechten Hand frei, damit er schnell sein Schwert schnappen und Angreifer abwehren kann. 😉

10632632_819971811367776_1358800609765919274_nDie Grundhaltung, rechtes Bein nach vorn, rechte Hand nach oben, Arm durchstrecken, und wie man zuschlägt wurde recht lange geübt, und mir wurde klar, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: Schaukämpfen ist anstrengend! Den zweiten Teil der Workshops verbrachten wir dann damit in Gruppen eine kurze Choreographie zu erarbeiten: Einer greift an, die Schwerter treffen sich dreimal, beide drehen sich umeinander und vertauschen die Ausgangspositionen, der Angreifer versucht erneut anzugreifen, wird aber mit einem gezielten Schnitt in den Magen getötet. Klingt nicht nach viel, ist aber für jemanden, der so ungeübt ist wie ich, gar nicht so einfach. Vor allem das Sterben wollte einfach nicht richtig gelingen…

10610588_819971868034437_8558592296730560482_nIn der Pause quatschten alle ein wenig miteinander, und Kaori, die weibliche Lehrerin, erzählte uns, was sie sonst so macht – Zum Beispiel das Motion Capture für Serah Farron, und teils für Lightning’s Kampfszenen im Videospiel Final Fantasy XIII. Ziemlich cool! Außerdem ist sie wohl öfter mal im Ausland, auch in Deutschland, um Leuten den japanischen Schaukampf näherzubringen. Herr Yoneyama choreographiert unter anderem Kämpfe für Film und Fersehen. Beide waren wirklich nett und haben alles leicht verständlich erklärt.

Dreimal die Woche veranstalten sie Tate-Unterricht, je einmal in Meguro, Yokohama und Sagamihara. Leider ist das alles etwas weit weg, der Probeunterricht hat mir nämlich wirklich Spaß gemacht und wenn Sport mir Spaß macht, soll das schon was heißen. 🙂

Falls ich mal wieder die Möglichkeit haben sollte dran teilzunehmen, würde ich die Chance ergreifen. Auch wenn ich am Sonntag schrecklichen Muskelkalter überall hatte. 😉