Wir befinden uns im Jahre 2015 n.Chr.

Die ganze Welt* nutzt die christliche Zeitrechnung… Die ganze Welt? Nein! Ein unbeugsamer Inselstaat hört nicht auf seine eigene verwirrende Zeitrechnung zu verwenden. Und das Leben ist nicht leicht für die Ausländer, die jedes Mal googlen müssen…

* Es gibt sicher noch andere Länder mit ihren eigenen Zeitrechnungen.

Japan hat tatsächlich eine eigene Zeitrechnung.

Hier rechnet man nach Ären. Eine Ära endet heutzutage wenn ein Kaiser stirbt und beginnt wenn der nächste den Thron besteigt. Müssen ja für irgendetwas gut sein, diese Kaiser.

Seit dem 8. Januar 1989 haben wir Heisei (平成). Ich bin im Jahr 1 Heisei (平成元年 Heisei Gannen) geboren. Mein Mann ein Jahr früher – Jahr 63 Shōwa (昭和63年 Shōwa 63-nen). 247 dieser Ären gibt es, seit 645 n.Chr. mit Taika (大化; großer Wandel) die erste begann.

Hallo, Claudia aus der Zukunft hier: Seit 2019 befinden wir uns in der Ära Reiwa (令和)! Dafür musste der Kaiser nicht einmal sterben, er stieg vom Thron ab.

Die Namen sind übrigens Devisen und Wünsche für die Ären. Der Name Heisei, in der wir uns derzeit befinden, besteht z.B. aus zwei Zeichen aus Abschnitten klassischer chinesischer Geschichten: “ / “, auf Japanisch “かに外”  (Uchi tairaka ni soto naru; Frieden nach innen, Wohlstand nach außen) und , auf Japanisch “かに天” (Chi tairaka ni Ten naru; Das Land ist friedlich und der Himmel ist klar). Heisei bedeutet also “Frieden überall”. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? (Mehr auf Wikipedia)

Heutzutage sind die Ära-Namen auch die posthumen Namen der jeweiligen Kaiser, also die Namen, die sie im Totenreich verwenden werden. Zu Lebzeiten werden sie nicht bei diesen Namen genannt.

Nun ist so eine Ära natürlich nicht immer gleich lang, Shōwa hatte 64 Jahre**, 大正 (Taishō) davor nur 15. Wenn mir jemand erzählt, dass im Jahr 7 Taishō etwas passiert ist, kann ich diese Information erst einmal nicht einordnen. Wann war Taishō noch mal? Trug man da schon westliche Kleidung? Ich kann es mir nicht bildlich vorstellen. Mein Mann übrigens auch nicht. 😉 Japaner verwenden nämlich durchaus auch die westliche Zeitrechnung (西暦 Seireki) lieber als “ihre eigene”, sie ist leichter zu handhaben. Bei mir auf Arbeit sind mir Heisei und Shōwa auch noch nicht begegnet.

** Vom 1. bis zum 7. Januar 1989 war Jahr 64 Shōwa.

Doch man kann nicht entkommen. Auf Behördenschriebsen wird immer die japanische Zeitrechnung verwendet. Wenn man sich irgendwo anmeldet, wird man gebeten sein Geburtsdatum in japanischer Zeitrechnung anzugeben. Und auch sonst trifft man im Alltag immer mal wieder auf diese ganz spezielle Zeitrechnung.

Eine simple Website um herauszufinden, welches Jahr wir haben ist 何年.jp (Nan-nen.jp; Welches-Jahr?.jp) mit der Überschrift “今年は平成何年?” (Kotoshi ha Heisei nan-nen; Welche Jahr Heisei ist dieses Jahr?). Wie gesagt, es ist selbst für die Japaner nicht ganz leicht. Man leidet als Ausländer also immerhin nicht allein. 😉

Dieses Jahr ist übrigens 平成27年 (Heisei 27-nen; Jahr 27 Heisei).

(Weil auch Japaner faul sind, werden die letzten drei Ären und die derzeitige Ära oft abgekürzt. Statt 平成12 (Heisei 12) wird einfach H12 geschrieben, statt 昭和42 (Shōwa 42) S42. Man könnte natürlich auch einfach komplett auf westliche Zeitrechnung umsteigen..)

Meine neue Arbeit.

Nach einigen Bewerbungsgesprächen hat es letzte Woche endlich geklappt: Ich habe einen neuen Job. Der klingt an sich wenig spektakulär, ich bin Gruppen-Assistentin in der IT-Abteilung eines großen Unternehmens, aber es gibt viel zu lernen. Und lernen ist immer gut. 🙂

Aber noch einmal zurück. Vor einigen Monaten habe ich mich bei einer 派遣会社 (Hakengaisha; Zeitarbeitsfirma) angemeldet. “Zeitarbeit” klingt in Deutschland immer etwas nach Hilfsarbeiten auf Mindestlohnbasis, das ist hier etwas anders. Viele große Firmen setzen Zeitarbeiter zu einem anständigen Stundenlohn ein. Dennoch bin ich natürlich bei der Zeitarbeitsfirma angestellt und nicht direkt bei meinem neuen Job. Heißt, ich bin recht leicht ersetzbar.

Andererseits habe ich von meiner Zeitarbeitsfirma immer wieder Jobangebote bekommen, und wurde immer zu Bewerbungsgesprächen begleitet, was sehr geholfen hat. Außerdem gibt es viele Positionen in Unternehmen, die nicht öffentlich ausgeschrieben werden – meinen jetzigen Job hätte ich anders gar nicht gefunden. Ich hoffe natürlich trotzdem, dass ich irgendwann übernommen werde. 😉

IMG_1719Mein neues Büro ist in 六本木 (Roppongi), einem Teil Tokyos, den ich eigentlich nicht so mag. In Roppongi leben die, die viel Geld haben oder ihre Wohnung von der Firma gestellt bekommen, und alles ist sehr international und teuer. Ich mag mein japanisches Japan sehr gern. 😉

In der Firma sprechen die meisten auch Englisch, die Anträge laufen auf Englisch, weil es eine internationale Firma ist, aber untereinander wird lieber Japanisch verwendet. Muttersprache eben.

Die Kleidungsrichtlinien sind nicht übermäßig straff. Keine kurzen Hosen oder Miniröcke, keine Schlappen, keine Kleidung mit großen Logos von Mitbewerbern, keine freien Schultern. Das ist für ein japanisches Büro regelrecht lax.

Meine Mitarbeiter sind allesamt sehr nett und vor allem verständnisvoll wenn es darum geht, dass ich eben noch nicht alles kann. Dafür habe ich dann einen recht vollen Schulungskalender. Zum Glück hat meine Vorgängerin recht umfangreiche Dokumentation zurückgelassen, mit Beispielanträgen und worauf man achten muss. Ich habe die Dame zwar nicht kennengelernt, aber ich bin sehr dankbar. 🙂

Die Arbeitszeiten sind natürlich etwas anders als im Kindergarten, mein täglicher Arbeitsweg ist auch viel länger. Wenn es im Blog also etwas ruhiger werden sollte, wisst ihr warum. 🙂 Aber dafür kann ich demnächst endlich einen qualifizierten Eintrag über die Hölle Tokyoter Rush Hour schreiben. Yay!

Leere Versprechen und Preview.

Soviel zu “Ich schreibe bestimmt Blog, wenn meine Eltern da sind”. 😉

Meine neuste Ausrede: Mein Vater hat eine neue Kamera und macht tolle Fotos mit denen ich meine Einträge illustrieren will, aber die Fotos sind noch nicht auf meinem Computer.

Was ihr ab… demnächst erwarten könnt!

  • 桜 (Sakura; Kirschblüten) und 花見 (Hanami; Blütengucken)
  • 石垣島 (Ishigakijima)
  • Inländische Flüge aus der Sicht einer verwirrten Ausländerin (mir)
  • Cup Noodle Museum in 横浜 (Yokohama)
  • Bewerbungskrams
  • … und was mir sonst so einfällt!

Bis dann!

Letzter Arbeitstag und Abschiedsfeier.

Letzten Freitag hatte ich meinen letzten Arbeitstag im Kindergarten. Es ist sehr eigenartig, weil ich dreieinhalb Jahre lang denselben Rhythmus hatte und plötzlich – nichts mehr.

Um ehrlich zu sein, weiß ich, dass ich die Kinder nicht vermissen werde. Nicht, weil sie so unglaublich schrecklich waren*, sondern weil ich auch den Kindern in der alten Schule keine Träne nachgeweint habe. Es ist eben letztendlich Arbeit.

* Aber doch schrecklicher als die Kinder in meiner alten Klasse.

Am Samstag fand die 送迎会 (Sôgeikai; Verabschiedungs- und Begrüßungsfeier) statt, erst drei Stunden essen und trinken, dann zwei Stunden Karaoke. Spaß hat’s gemacht. Meine Mitarbeiter mochte ich persönlich fast alle gern, auch wenn es manchmal vom Arbeiten her nicht perfekt gepasst hat.

Weil meine Eltern und meine Schwester am Dienstag nach Japan kommen und bei uns übernachten**, haben wir gestern stundenlang die Wohnung geputzt und aufgeräumt. Nicht, weil unsere Wohnung super dreckig wäre, aber es bleibt doch immer mal was liegen. Am Wochende geht es mit der Familie und meinem Mann nach 石垣島 (Ishigakijima), was eine wunderschöne Insel im Süden ist, und am 9. April fliegen sie wieder zurück.

** Wir ziehen derzeit zu den Schwiegereltern.

Ich denke aber, dass ich Zeit zum Bloggen finden werde! 😀 Yay!