Ich spiele jetzt Tennis.

Wer mich noch aus Schulzeiten kennt, weiß, dass ich die Königin der Turnbeutelvergesser war. Sport und ich waren einfach nie die besten Freunde. Ich war schlecht, und deswegen hatte ich null Spaß daran. Es waren einfach eine oder zwei Stunden im Stundenplan, die irgendwie herumgebracht werden mussten, am liebsten auf der Bank.

Nun ist die Schulzeit natürlich schon etwas länger her (sieben Jahre!), und inzwischen arbeite ich bei einem Sportartikelhersteller. Die großen internen Meetings sind an sich wie eine riesige Gehirnwäsche – zweieinhalb Stunden Präsentationen über und Werbung für unsere Produkte. Sport hat die Kraft, Leben zu verändern. Sport macht dich besser. Gesundheitspropaganda vom Feinsten und ich springe natürlich total drauf an. Propaganda die einen dazu bringt sich gesünder zu verhalten ist aber vielleicht auch gar nicht so super schädlich. 😉

Die erste Überlegung war, Laufen zu gehen. Laufen kann ich schon, man braucht eigentlich nur Schuhe, und vor allem ist man weit weg von jeglichen Ballsportarten. Bälle, hatte ich in Erinnerung, sind mein Erzfeind. Mein Mann hingegen war während der Schulzeit zweitbester im Schultennis in unserer Präfektur. Lange Rede kurzer Sinn, ihr habt sicher die Überschrift gelesen: Wir spielen jetzt Tennis.

IMG_1953

Die große Überraschung: Ich bin nicht komplett schlecht und es macht mir sogar Spaß. Wegen der Vorgeschichte meines Mannes müssen wir nicht einmal unglaublich viel neu kaufen, Schläger und Bälle sind schon da, die alten Klamotten von meinem Mann auch.

In der Nähe des Flusses gibt es eine Wand, gegen die man spielen kann*. Außerdem hat unsere Stadt so einige Angebote an günstigen Tennisplätzen. Das einzige, was uns etwas zu schaffen macht, ist die Hitze. Am Sonntag hatten wir bis zu 32°C, wir können also nur entweder früh morgens oder abends spielen ohne gekocht zu werden.

* Sie ist dazu gedacht. Die Bäume dahinter sind übrigens Kirschbäume.

Demnächst kaufe ich mir dann auch einen eigenen Turnbeutel, den ich dann sogar freiwillig mit mir herumtragen werde. Vorbei die Zeiten des Turnbeutelvergessens. 🙂

Plötzlich Vollzeit.

Seit etwas über einen Monat bin ich jetzt bei meiner neuen Firma. Die Leute sind noch immer nett, die Firma an sich ist noch immer super cool. 🙂 Außerdem kann ich jeden Tag den 東京タワー (Tokyo Tower) sehen!

S__5545989Als ich im Kindergarten gearbeitet habe, war ich zumindest im letzten Jahr jeden Tag um 15 Uhr zuhause. Ich hatte also viel Zeit um den Haushalt zu machen, einzukaufen, zu kochen oder auch einfach Serien zu gucken*. Hauptsächlich Serien gucken.

Jetzt bin ich frühstens um 19 Uhr zuhause. Wer in Mathe aufgepasst hat, merkt: 4 Stunden später. Ich gehe auch eine Stunde früher aus dem Haus. Da wird Wäschewaschen zum Zeitproblem, und wenn man Mann keine Überstunden macht, ist er vor mir zuhause und wartet auf sein Abendessen**. Ich versuche trotzdem viel zu kochen, das Ziel sind mindestens drei Tage unter der Woche – Essen aus dem Supermarkt ist erstens nie so frisch und gesund und zweitens teurer. Meist mache ich einfach etwas mehr und ich habe Mittagessen für den nächsten Arbeitstag. 🙂 Jeden Tag Fertigessen im Conbini zu kaufen bringt’s nämlich auch nicht.

* Ich Dummerchen habe während meiner kurzen Arbeitslosigkeit angefangen “Mad Men” zu sehen. Wahrscheinlich werde ich es nie bis zum Ende gucken.

** Mein Mann kann kochen. Manchmal macht er das auch.

Um ehrlich zu sein bin ich nach den 8,5 Stunden auf Arbeit plus zwei Stunden Fahrt übrigens kein bisschen mehr erschöpft als nach fünf Stunden und einer Stunde Anfahrt bei meiner alten Arbeit. Da merkt man mal, wie schlauchend Kinder sein können. 😉 Besser bezahlt werde ich auch noch, und ich habe sogar, Trommelwirbel, eine echte Mittagspause!

Nur eben meine viele Zeit allein, die ich auch ziemlich geschätzt habe, muss ich jetzt irgendwo abknappsen.

Und dann arbeite ich auch noch in einer Sportartikelfirma. Im Büro schmücken riesige Bilder von Sportlern die Wände, auf Fernsehern laufen Image-Filme. Dann kommt in mir das Wissen hoch, das wahrscheinlich viele Leute quält: Eigentlich sollte ich Sport machen. Mein Körper würde es mir danken. Aber Sport bedeutet Zeit – Wieder Zeit, die irgendwoher genommen werden muss.

Ach ist dieses Erwachsensein hart. 😉

Dafür habe ich endlich einen Arbeitsplatz, an dem ich überwiegend Japanisch verwende* und Erfahrung für die Zukunft sammle. 🙂 Selbst wenn ich im Gegenzug weniger Zeit habe und meinen Alltag etwas umstrukturieren muss macht es überwiegend Spaß und wenn sie mich haben wollen bleibe ich gern für immer dort. 😉 Mal schauen.

* 70/30 für Japanisch, wenn nicht sogar mehr.

Tokyoter Berufsverkehr und das Märchen von der sich nie verspätenden Bahn.

Alle Fotos von meinem Vater.

Fotos von meinem Vater.

7:50, ich verlasse das Haus in Richtung Bahnhof. Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern Raben krähen, und ich werde auch heute wieder erleben, wie wenig Platz und Abstand zu Anderen so ein Mensch eigentlich benötigt.

Oben auf dem Bahnsteig fährt die Bahn in Richtung Stadt ein. Eine Menge Menschen steigen aus, wir wohnen an einem Umsteigebahnhof, eine Menge Menschen steigen ein. Ich auch.

Direkt versuche ich einen der guten Plätze zu ergattern. Wer einfach einsteigt und in der Nähe der Türen stehenbleibt, hat es sich selbst zuzuschreiben, wenn er zu Tode gequetscht wird.

Die besten Plätze sind natürlich sämtliche Sitzplätze. Danach kommen die Stehplätze direkt davor. Danach die Stehplätze in der Mitte, also quasi in zweiter Reihe zu den Stehplätzen vor den Sitzplätzen. Je weiter weg man von den Türen kommt, umso besser. Außer man muss natürlich irgendwo aussteigen, wo niemand anders aussteigt. 😉

In den nächsten Stationen steigen nur immer mehr Menschen zu, kaum jemand aus. Die Bahn hat Verspätung, weil die Leute nicht in der vorgesehenen Zeit einsteigen. Sie sind so eng gepackt, dass die Türen wieder aufgehen. Mehrmals. Oder die Bahn ist zu spät, weil sie zu nah an der Vorhergehenden fährt, welche wiederum verspätet ist. Im Berufsverkehr fährt diese Linie alle drei Minuten.

IMGP0480Wenn es wirklich voll wird, werden auch die auf den zweitbesten Plätzen, also vor den Sitzplätzen, dermaßen von hinten geschubst, dass sie beinahe auf die Sitzenden fallen. Zu irgendeiner Zeit hat man mit Sicherheit den Ellenbogen eines Mitfahrers entweder in der Seite oder im Rücken, oder den Arm im Gesicht. Es ist, wie bei einem riesigen Konzert in der ersten Reihe zu stehen – nur, dass es keine Stars gibt und der Boden wackelt. Außerdem fährt man eigentlich grade zur Arbeit.

In 秋葉原 (Akihabara) steigen haufenweise Leute aus, dann heißt es einmal tief Luftholen, denn es werden genauso viele Menschen wieder einsteigen, bis es sich, genau eine Station vor meiner, endlich wirklich leert.

Diese Bahn fährt derzeit mit fünf Minuten Verspätung, wir entschuldigen uns für die Unanehmlichkeiten.

Mein Umsteigeweg ist nervig lang, 250m vom Obergeschoss ins vierte Untergeschoss, mit ständigem Gegenverkehr. Die Bahn in die ich als nächstes steige ist nicht so voll, wie die erste, aber weg von der Tür komme ich nicht wirklich. Nach fünf Stationen steigt zum Glück der Großteil der Passagiere mit mir zusammen aus, ich muss mich also nur von den Menschenwogen leiten lassen – bis man dann für die Treppe anstehen muss.

Es ist zwischen 8:40 und neun Uhr.

Immerhin habe ich im Büro viel Platz um mich auszubreiten. 😀

Nach ‘Murica!

Erst zum zweiten Mal ging es für mich letzten Sonntag nach Amerika zu Costco.

Costco ist eine amerikanische Großhandelskette mit derzeit etwa 20 Filialen in Japan. Um hineinzukommen muss man Mitglied sein, und eine Mitgliedschaft kostet*, aber wenn man mal drin ist – ein Traum für alle, die auf Vorrat kaufen. Oder auf Käse und Wurst stehen. 😉

* Meine Schwiegereltern haben zwei Mitgliedschaften, weswegen sie meinen Mann und mich mitnehmen konnten.

IMG_1861Käse in Japan ist nämlich so eine Sache, es gibt nur Mozzarella oder den Fabriktoastkäse. Für richtigen Gouda oder Emmentaler muss man normalerweise ziemlich tief in die Tasche greifen.

Hinein geht es über das Obergeschoss, bewaffnet mit einem Einkaufswagen, der mindestens doppelt so groß ist wie ein regulärer deutscher, und damit geschätzt zehn Mal so groß wie ein japanischer. 😉 Aber da muss ja auch einiges reinpassen. Wie z.B. dieser Basketballkorb im Bild rechts. Oder ein aufblasbarer Pool. Oder Messersets. Oder Golfschlägersets. Oder eine riesige Gartenmöbelgarnitur. Aber eigentlich natürlich: Vorratspackungen. Vorratspackungen, soweit das Auge reicht. Meine Schwiegereltern haben drei Packungen mit je 6 gigantischen Küchenrollen in den Einkaufswagen gehievt.

Wir haben übrigens einen Jahresvorrat an Zahnbürsten und Zahnpasta für weniger als ein Drittel des regulären Preises mitgenommen. Die Großpackungen sind es nämlich, was die meisten Leute zieht. Toilettenpapier braucht man immer, und wenn man es im Großpack viel günstiger bekommt – wunderbar. 🙂 Nur leider haben wir keinen großen Stauraum.

IMG_1863Im Erdgeschoss befindet sich das Herz von Costco: Das Essen! Ganze Brathähnchen! Riesige Pizzen! Popcorntüten so groß wie mein Oberkörper! 3,5kg Popcornmais! Ein Schlaraffenland. 😉

Die amerikanischen Produkte sind einfach oftmals viel günstiger als die japanischen: 2,63L Smoothie für unter 1,000yen (ca. 7,40€). Ein riesiges Glas Pesto weit unter dem japanischen Ladenpreis. Und selbst japanische Produkte, die sonst vergleichsweise kostspielig sind, gibt es bei Costco viel günstiger, wir haben 450g Butter und 1,2kg Müsli mitgenommen.

Letztendlich war der Einkauf einfach durch die Masse nicht ganz günstig, aber hat sich für uns gelohnt. Einige Dinge sind in Japan einfach unglaublich viel teurer als in Deutschland (Obst- und Milchprodukte), sich da diesen Luxus einfach mal leisten zu können ist durchaus nett. 🙂

Für mich ist es einfach auch super witzig, was es in Amerika alles an Tiefkühlkost und Süßigkeiten gibt. Ich bin dann doch etwas aufgedreht durch die Gänge gelaufen. 😀 Wer weiß, wie das erst in einem echten Wallmart im echten Amerika wäre. Demnächst dann in der BILD: “In Japan lebende Deutsche in Amerika vor Aufregung explodiert”.

Aber es gibt bestimmt auch Wischmopps im Vorteilspack.