Die orangefarbene Bedrohung.

Eigentlich sollte heute ein Eintrag über mein japanisches Lieblingsmagazin erscheinen. Leider wird das nichts, heute fällt schließlich scheinbar mit dem Ende der Welt zusammen.

Als ich das Brexit-Ergebnis sah, war ich schockiert. Da hatte knapp das Leave-Lager gewonnen, und nur wenige Tage später baten viele Leute darum noch einmal abstimmen zu können. Sie hätten das ja gar nicht so gemeint.

Die US-Wählerstimmen sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht komplett ausgezählt, aber dass Trump gewinnt, ist klar. Er liegt einfach zu weit vorn. Ich verstehe es nicht. Hillary ist sicher auch nicht ideal, aber wie muss die Stimmung in einem Land sein, damit eine intelligente Frau, die einen privaten E-Mail-Server verwendet hat, gegen einen orangenen Mann, der mehrmals pleite gegangen ist, gegen Ausländer und Frauen hetzt, gefallene Soldaten beleidigt, keine Ahnung von irgendetwas, dafür aber eine ungesund hohe Dosis Narzissmus, und scheinbar mehrere Frauen sexuell belästigt hat, verliert?

Es ist deprimierend.

Wir werden sehen, was sich für Japan ändert. Trump hatte angekündigt japanische Autos mit höheren Zöllen zu belegen und Japan für die US-Truppen im Land zahlen zu lassen. Wie realistisch das ist, weiß bei Trump natürlich niemand.

Mir tun sie auf jeden Fall leid, die US-Amerikaner. Obama hat nicht alles gehalten, was er versprochen hatte, aber das Niveau im weißen Haus gleich dermaßen absinken zu lassen…

Guter Schlaf (mit Hindernissen).

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Am Samstag Nachmittag kamen endlich unsere Betten. Am Dienstag hatten wir sie bei MUJI bestellt, weil unsere Rücken die Futons einfach nicht mehr aushielten.

Wir hatten den Raum ausgemessen und verschiedene Matratzen probegelegen, worüber wir uns keinen Kopf gemacht hatten: Wie sollten die Betten überhaupt in die Wohnung kommen? Wir wohnen im zweiten Geschoss, oder ersten Obergeschoss, unsere Eingangstür ist aber unten. Dort ziehen wir uns die Schuhe aus und kommen über eine Treppe in die eigentliche Wohnung. Eine schmale Treppe. Durch die die Bettrahmen partout nicht passen wollten.

Zum Glück sind schmale Gänge in Japan keine Seltenheit, und so wussten die netten Lieferanten sofort, wie Abhilfe geschaffen werden könnte: Einfach mal das Fenster rausnehmen. In Japan haben wir nicht nur Schiebetüren, sondern auch Schiebefenster. Das ist in soweit praktisch, dass keine Holzstrebe auf halber Strecke nötig ist.

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Nachdem sie die Fenster rausgenommen hatten, schob der eine Lieferant von unten den Karton mit dem Bettgestell nach oben, der andere Lieferant nahm es oben entgegen und hielt es so lange, bis der erste Lieferant die Treppe hochgerannt war, ob dass sie den Karton gemeinsam ins Zimmer hieven konnten. Ziemlich beeindruckend.

Mein Mann schläft auf dem neuen Bett ausgesprochen gut. Für mich ist es noch immer suboptimal, vielleicht hätte ich eine weichere Matratze gebraucht. Wir werden also wieder losziehen und eine Matte, die das Problem löst, suchen. Ziemlich nervig, um ehrlich zu sein. 🙁

Vielleicht müssen wir auch einfach mal wieder in einen Onsen fahren um mein Rückenproblem zu lösen. 😉

Prinzessin auf der Matratze.

Normalerweise ist es Ende Oktober/Anfang November noch immer super angenehm. Die Sonne scheint oft, es ist nicht zu kalt, das Laub sieht schön aus. Nur irgendwie hat das dieses Jahr scheinbar niemand dem Herbst erzählt. Hatten wir Anfang Oktober noch über 24°C, ist heute die Höchsttemperatur 12°C. Zwölf! In Tokyo!

Wir haben ohne Scheiß schon unsere Heizdecken rausgeholt.

Leider hilft die Kälte nämlich nicht wirklich, wenn einem von den durchgelegenen Futons sowieso der Rücken wehtut. Da kann man noch so viel Prinzessin auf der Erbse spielen und Futons stapeln, es bringt nichts. Der Rücken tut weh, und mit ihm der Kopf und der gesamte Rest des Körpers. Das wars dann mit der Lebensfreude, auf Wiedersehen, grausame Welt.

Wir wollten aber natürlich sowieso endlich richtige Betten kaufen. Die Modelle waren ausgesucht, wir gingen nur davon aus, dass sie nicht in unser längliches, enges Schlafzimmer passen würden. Aber: Wir haben nachgemessen! Es wird zwar knapp, aber die Betten passen hinein. Betten mit weichen Matratzen! Mit Lattenrosten! Nicht mehr auf dem Boden schlafen!

Gestern nach der Arbeit hoben wir einen dicken Batzen Geld ab, gingen zu MUJI und kauften Betten und Matratzen. Insgesamt kostete der Spaß etwas mehr als 1400€, aber dafür bekommen wir am Samstag eine Lieferung, die hoffentlich unser Leben verändern wird. Oder zumindest unsere Rücken. Und eigentlich ist das doch dasselbe, oder?

Jetzt muss nur noch die Zeit bis Samstag ganz schnell vorbeigehen. 待ち遠しい! (Machidōshii!; Ich kann es kaum erwarten!)

Natürlich werden wir die Betten und Matratzen Ende des Jahres von unserer jetzigen Wohnung ins neue Haus transportieren müssen. Deswegen hatten wir es so weit aufgeschoben. Idealerweise hätten wir erst nach dem Umzug die Betten gekauft. Nur diese Rückenschmerzen….

Gleich und Gleich gesellt sich gern.

Am Sonntag traf ich mich mit vier anderen deutschsprachigen Frauen in Shibuya. Recht viel Zeit lag zwischen diesem und dem letzten Treffen, eine der Damen hatte ich noch nie getroffen, und trotzdem tat es sehr gut, mal wieder mit anderen Leuten in derselben Situation zu quatschen.

Wenn ich erzähle, dass ich mich mit einer deutschen Freundin treffe, wird mir oft gesagt, dass es sicher total toll sei, mal wieder Deutsch sprechen zu können. Das ist, um ehrlich zu sein, nicht unbedingt so. Schließlich habe ich diesen Blog hier und lese auch sonst recht viel in meiner Muttersprache. Viel wichtiger ist es, sich mit jemandem über die Dinge austauschen zu können, über die man sich selbst oft Gedanken macht.

Man kommt einfach aus demselben Kulturkreis, und viele Dinge können Japaner dann doch nicht so gut nachvollziehen. Dann muss man entweder ewig erklären oder gibt direkt auf. Dinge, die in meinem Leben wichtig sind, sind für “ganz normale Japaner” einfach kein Thema. Deswegen verstehe ich mich auch mit Japanern, die einige Zeit im Ausland verbracht haben, am besten. Oder eben mit Deutschen und anderen Europäern in Japan. 🙂

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Klar, das ist genau, was Migranten in Deutschland und überall anders auch machen: Wir treffen uns mit Leuten aus Deutschland/Österreich/der Schweiz um in unserer Muttersprache zu quatschen. Vielleicht wird sogar mal über das neue Heimatland gelästert. 😉 Sehr skandalös.

Es gibt einfach Dinge, die wir von Deutschland anders gewohnt sind. Oder Fragen, die sich nur stellen, weil man als Ausländer in Japan lebt. Andere Deutsche zu kennen, kann da durchaus hilfreich sein. Es ist fast, als wäre man für einen Nachmittag wieder dort, wo man aufgewachsen ist. Nur so richtig zurück nach Deutschland will ich eigentlich nicht. Als ich noch dort wohnte, hatte ich übrigens meine Leute, die entweder Japanisch sprachen oder einfach nur an Japan interessiert waren. Das erklärt vielleicht auch, warum gefühlt mindestens einmal im Jahr eine meiner Freundinnen aus Berlin nach Tokyo kommt. 😀 Man sucht sich überall Leute, die einen verstehen, oder?

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Letztendlich fände ich es genauso schade, wenn es sich jemand verbieten würde, mit anderen Deutschen (und Schweizern und Österreichern) zu kommunizieren, wie wenn jemand gar keine Verbindung zu Japanern hätte. Wir sind halt Ausländer in Japan, und wir werden immer etwas auffallen.* Da ist es egal, wie sehr man sich von anderen Deutschen fernhält. Und nein, man muss nicht automatisch alle Deutschen in Japan mögen. Das kommt manchmal einfach so. 🙂

Ich freue mich auf jeden Fall schon sehr auf das nächste Treffen.

* Vor allem die Damen mit den hellen Augen und Haaren.

Crêperie auf den oberen Fotos: Au Temps Jadis. Schmeckt wirklich gut, und der Laden ist von innen und außen sehr hübsch.