Das japanische Adress-System.

Einige wissen vielleicht, dass es in Japan für gewöhnlich kaum Straßennamen gibt. Selbst wenn manche große Straßen einen Namen haben, helfen diese bei der Suche nach z.B. Geschäften kaum weiter. Hier also eine kurze und oberflächliche Erklärung des Maleurs, das sich japanische Stadtplanung nennt.

Da die meisten hier wahrscheinlich zuerst Tokyo besuchen werden, ist unsere Beispieladresse die des Katzencafes, in das ich gern gehe.

〒130-0013
東京都墨田区錦糸2丁目5-11 フナダビル3階

Tôkyô-to Sumida-ku Kinshi 2-chôme 5-11 Funadabiru 3-kai

〒130-0013

Während in Deutschland Adressen mit dem Straßennamen anfangen und der Stadt enden, ist es in Japan etwas anders. Wenn angegeben, findet man zuerst die Postleitzahl, sieben Ziffern lang. Das eigenartige T vor der PLZ ist das Zeichen der Japanischen Post und soll wahrscheinlich einen Briefkasten darstellen. Wenn man mit der japanischen Tastatur ゆうびん (yu-u-bi-nn) eingibt und per Leertaste umwandelt, kommt u.a. das Zeichen raus.

東京都 (Tôkyô-to)

Danach kommt die Präfektur, in diesem Fall 東京都 (Tôkyô-to). Falls es sich um eine Stadt in einer Präfektur handeln sollte, steht erst die Präfektur, dann die Stadt, z.B. 神奈川県横浜市 (Kanagawa-ken Yokohama-shi; Präfektur Kanagawa Stadt Yokohama).

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Die gestrichelte Linie markiert 錦糸 (Kinshi).

墨田区 (Sumida-ku)

Weiter geht es mit dem Bezirk, dem 区 (ku), danach kommt die nächstkleinere Einheit (錦糸 Kinshi), quasi der Kiez. Wir tasten uns also langsam vor. 😉

Bis hierhin ist eigentlich alles noch Pillepalle, und weil auf den Laternenmasten steht, in welchem Kiez man sich grad befindet, kann man sich fast nicht verlaufen. Man findet auch an fast jeder Bahnstation eine Karte. Solche Karten sind in Japan übrigens nicht auf Norden ausgerichtet, sondern auf die Blickrichtung des Betrachters.

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Blau ist 2-chôme

2丁目 (2-chôme)

Nun fängt es aber an mit den 丁目 (chôme), den… Blöcken? Diese Einteilung erfolgt zwar meist in einer gewissen Reihenfolge, man findet also (meist) 2丁目 neben 3丁目, da hört’s dann aber mit der Logik auf. Diese Blöcke sind nämlich teils ziemlich willkürlich eingeteilt, und bei weitem nicht immer so schön kastenförmig wie im Beispiel. Man orientiert sich dennoch am Straßenverlauf. Für gewöhnlich ist 1丁目 am nähsten am Bahnhof. Manchmal aber auch nicht.

スクリーンショット 0026-02-12 7.17.185番地 (5-banchi)

番地 (banchi) wird als Hausnummer übersetzt, ist es aber noch nicht. Ein Banchi ist der Bereich zwischen zwei Straßen, und da nicht an der Seite jedes einzelnen Hauses Straßen vorbeiführen, taugt es eher um die gesuchte Adresse noch weiter einzugrenzen.

Wenn man schon so nah dran ist, muss man meist nur mal die Augen aufsperren um den gesuchten Ort zu finden, aber für die Vollständigkeit:

11

Die 11 in der Adresse ist dann tatsächlich die Hausnummer. Die Häuser werden im Block, also im Kreis herum numeriert und teils schwer einsehbare Hinterhäuser oder nicht mehr existierende Häuser haben auch Hausnummern, weswegen manchmal der Eindruck entstehen kann, dass in der Nummerierung keine Logik steckt. Auch ist Google manchmal nicht aktuell, wenn es um Hausnummern geht und kann einen in die Irre führen. Unsere Hausnummer ist 34, das Haus ist aber von 2011 und wird zwar in den Umrissen auf der Karte angegeben, aber ist nicht direkt suchbar. Das Haus an unserer Rückseite ist Nummer 1, das zu unserer Linken 32.

フナダビル3階 (Funadabiru 3-kai)

Japanische Gebäude haben Namen, über die man sich noch einmal versichern kann, dass man wirklich an der richtigen Adresse gelandet ist. ビル (biru) ist eine Kurzform des englischen Wortes “Building”. Auch sonst findet man oft ausländische Häusernamen, manchmal sogar auf Deutsch. Ganz viele “Heime”.

階 (kai) heißt Stockwerk, wobei es kein Erdgeschoss gibt, was in Deutschland das Erdgeschoss wäre, ist hier also 1-kai.

Wenn ich einen bestimmten Ort besuchen will, schaue ich meist vorher bei Google Maps und auch auf den Seiten verschiedener Läden findet man nützliche Anweisungen. “Zwischen dem Conbini und der Post” 🙂 Es ist auch nicht komplett ungewöhnlich, dass Läden sich nicht im Erdgeschoss befinden. Der Closet Child, ein Second-Hand-Laden für alternative Mode, in Shinjuku befindet sich z.B. im vierten bis sechsten Stockwerk hinter einer recht unscheinbaren Haustür, an der man auch leicht vorbeilaufen kann.

Valentinstag. Mit Kuchen!

Kurz nachdem mein Mann und ich im Januar 2009 zusammenkamen, war Valentinstag. Damals habe ich im Kekse gebacken, über die ganze Geschichte habe ich 2012 schon eimal geschrieben.

Seit diesem Valentinstag habe ich ihm nie wieder etwas gemacht. Warum weiß ich nicht genau, vielleicht lag es daran, dass ich kein Vertrauen in meine Backkünste hatte oder ich dachte, wenn ich ihm etwas anderes schenkte wären Süßigkeiten nicht so wichtig.

20140213_080728Letzten Monat haben wir einen Ofen gekauft, und ich setzte mir in den Kopf ihm dieses Jahr etwas zu backen. Etwas Richtiges. Bei Cuoca gab speziell für Valentinstag Handmade Kits, für verschiedene Kuchen und Kekse, mit fast allem, was man für die Zubereitung so braucht.

Neben bärenförmigen Keksen, Gateaux Chocolat, Deco-Muffins, Deco-Keksen und Käsekuchen gab es auch Fondant Chocolat, einen meiner Lieblingskuchen. 🙂 Zusätzlich brauchte ich nur zwei Eier, Sahne, Zucker und Butter.

vdayGestern stellte ich mich also eine Stunde lang in die Küche und backte.

Ganz professionell kam das Endergebnis leider nicht raus, aber für den ersten Versuch war es nicht schlecht.

Morgens stehe ich vor meinem Mann auf und bereite das Frühstück vor. Heute stellte ich die kleine Schachtel auf den Tisch und als er sie endlich bemerkte und öffnete brach er vor Freude in Tränen aus. 🙂 Es war also eindeutig höchste Zeit ihm etwas zu backen.

20140214_123123Auf Arbeit war natürlich auch Valentinstag angesagt, und so wurde mit fast 30 Kindern gebacken. Muffins, mit Backmischung und einem altersschwachen Ofen.

Insgesamt war es eine ziemliche Sauerei, aber die Muffins waren lecker. Der übriggebliebene Teig auch. 😉

Falls ihr am Valentinstag irgendetwas unternehmen solltet, viel Spaß! Wenn nicht: Schokolade wird bald günstiger. Haut rein. 😉

Weiße Frau in fremdem Land.

Wie immer sind all meine Eindrücke total subjektiv und ich bin mir sicher, dass jede europäische Frau in Japan ganz eigene, durchaus auch von meinen abweichende, Erfahrungen gemacht hat. Mir ist auch bewusst, dass dieser Eintrag wie Selbstbeweihräucherung klingen könnte, ich glaube aber genauso wenig alles Gute wie alles Schlechte, was über mich gesagt wird.

Wenn ich durch die Straßen Tokyos laufe, bin ich mir nicht in jedem Augenblick bewusst, dass ich anders aussehe als die meisten Menschen in meiner Umgebung. Natürlich weiß ich es, aber es ist nichts, worüber ich ständig nachdenken würde.

Mir ist auch bewusst, dass ich nicht komplett schlecht aussehe, aber seit ich in Japan bin, bekomme ich haufenweise Komplimente von Japanern für Dinge, über die ich mir noch nie Gedanken gemacht habe. Das ist komisch und vor allem Anfangs habe ich stark an der Authenzität solcher Komplimente gezweifelt und versucht mich zu erklären*, inzwischen lächle ich es einfach weg.

* “Ich bin aus Europa, da ist das halt so”

Was macht mich also so wundertoll?

IMGP90621. Große Augen.

Japaner haben die verschiedensten Augenformen, und sie haben alle Namen. Die drei häufigsten sind 一重 (Hitoe), ohne Lidfalte, 二重 (Futae), mit Liedfalte und 奥二重 (Okubutae), die zwar eine Liedfalte haben, die aber so versteckt ist, dass man sie kaum sieht. Mein Mann gehört laut Eigenaussage zu letzterer Kategorie, so gut wie alle weißen Europäer zu der zweiten (二重 Futae). Mit Lidfalte sehen Augen meist größer aus, was als schön angesehen wird. Deswegen ist die am weitesten verbreitete Schönheitsoperation in Japan auch das künstliche Erstellen einer Lidfalte und viele versuchen sich eine Lidfalte hinzukleben (YouTube-Video dazu). Ich habe einfach so eine.

2. Kleiner Kopf

Als ich 2008 in einem deutschen Restaurant arbeitete, sagte eines Abends ein Gast zu mir, dass mein Kopf so klein wäre. Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte, weil ich keine Ahnung hatte, ob das ein Kompliment ist oder nicht. Ist es. Aus irgendeinem Grund haben viele Japaner ein Problem damit, dass ihre Köpfe so groß sind. Also sie sind gar nicht so groß, aber irgendwie nehmen sie es so wahr. Mein Kopf ist tatsächlich kleiner als der europäische Durchschnitt, weswegen ich mir nie normale Hüte kaufen kann, nur in Japan ist das irgendwie toll.

IMGP86363. Hohe Nase

Japaner haben meist einen eher flachen Nasenrücken, aus irgendeinem Grund finden sie aber hohe Nasen total toll, während in Europa die Frauen mit den Puppennasen in der Werbung sind. Ich habe “zum Glück” eine ziemlich hohe Nase, die ich in Deutschland nie mochte und die einen Schatten auf den Rest meines Gesichts wirft. Ich bin ja der Meinung, dass so eine kleine süße Nase auf Fotos viel besser aussieht, aber während ich Probleme mit zu vielen Winkeln in meinem Gesicht habe, finden Japaner ihres oft zu flach.

4. Weiße Haut

Helle Haut ist japanischen Frauen wichtig. Während Kinder im Sommer meist stark gebräunt durch die Gegend hopsen, versuchen die Erwachsenen bloß nicht zu viel Sonne abzubekommen um ja nicht ihren Teint zu zerstören. Es gibt natürlich auch Ausnahmen, aber im Sommer verstecken viele ihre Arme unter UV-abweisenden Stulpen und ihr Gesicht unter einer Sonnenblende. Ich frage mich immer, wann sie sich an ihrer Blässe überhaupt freuen können, wenn sie eigentlich den ganzen Tag vollstens vermummt herumlaufen. Ich habe relativ helle Haut und obwohl ich natürlich auch braun werde, bekomme ich häufig gesagt, wie toll weiß doch meine Haut sei.

via Kinokuniya

Es ist also manchmal so, als wäre ich Superwoman. Mensch 2.0, nur durch Herkunft und äußere Merkmale. Während Ausländer in der Printwerbung für japanische Firmen eher selten auftauchen, gibt es zumindest zwei “Produkte”, für die weiße Frauen gern verwendet werden: Zahnhygiene und Hochzeiten.

Die ゼクシィ (Zexy) hat jeden Monat weiße Models auf dem Titel und auch in Werbungen für Wedding Halls wimmelt es nur so von kleinen blonden Blumenmädchen und weißen Gästen. Warum genau das so ist weiß ich nicht, und auch wenn ich Theorien habe, gibt es sicher viele besser ausgebildete Menschen als mich, die es erklären können ohne sich zum Affen zu machen.

Das Problem ist natürlich, dass man trotzdem noch immer Ausländer ist und auch so behandelt wird. Ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich gehört habe, dass japanische Männer nie eine ausländische Frau heiraten würden. Für eine Beziehung, ja, aber den Eltern vorstellen und heiraten? Niemals!

Die ganzen Frauen mit japanischen Ehemännern, die ich kenne, haben das sicher andere Erfahrungen gemacht. 😉

Letztendlich hat man es aber als weiße Frau sicher einfacher als viele andere Ausländer in Japan, was sicher in geringerem Maße auch etwas damit zu tun hat, was für Leute aus einem bestimmten Land einwandern. So wie man in Deutschland oft das Vorurteil vom schlecht ausgebildeten Rumänen, der für ein höheres Gehalt nach Deutschland gekommen ist, hat, gibt es hier natürlich auch ähnliche Vorurteile bezüglich Zuwanderern aus Asien. Nur dass hier manche Dinge durch geschichtliche Geschehnisse noch etwas mehr Ladung haben.

Es ist also eine sehr eigenartige Situation für mich in Japan zu leben. Einerseits bekomme ich Komplimente und Leute wie ich werden in der Werbung oft als schöner als Japaner dargestellt, andererseits wird, bewusst oder unbewusst, versucht, mich auf Armeslänge zu halten.

Schnee, Schnee, Schnee.

Sobald es in Japan schneit, sind sämtliche Japanblogs und Facebooks voll mit Schneefotos. Einfach, weil es so selten passiert.

2014-02-08-15-18-08_decoSobald es mal richtig schneit, fängt hier die Panik an und am Samstag hat es richtig richtig geschneit. Den ganzen Tag lang, durchgehend.

Einfach weil es so selten schneit, verzichten die meisten Leute darauf autozufahren. Wenn man es nur an einem oder zwei Tagen im Jahr “üben” könnte, ist es einfach zu gefährlich, zumal die Autos in Tokyo keine Winterreifen drauf haben. Warum auch, es schneit ja total selten.

Am Morgen war ich zwar kurz arbeiten* und einkaufen, den Rest des Tages haben wir aber in unserem kuschligen Zuhause verbracht. Zwischendurch war es nicht mehr ganz so kuschlig, weil die Klimaanlage nicht auf Minustemperaturen ausgelegt ist.

* Alle zwei Wochen bringe ich einer Erwachsenen für eine Stunde Englisch bei.

Heute werden wir bis zu sieben Grad haben, ich hoffe dass der Schnee sich davon überreden lässt wegzuschmelzen.