Projekt Haus: Es geht weiter.

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Seit letztem Jahr planen wir ein Haus zu bauen. Hier einmal die Ausgangssituation: Meine Schwiegereltern haben ein über 20 Jahre altes Zweifamilienhaus auf einem, bis letztem Jahr, gepachteten Grundstück in unserer Nähe. Ursprünglich wohnten sie dort mit den Eltern meines Schwiegervaters*, doch vor inzwischen über vier Jahren verstarb auch der zweite Elternteil. Seitdem steht das Erdgeschoss großteils leer.

* Sich um die Eltern zu kümmern ist in Japan die Sache des ältesten Sohns (長男 Chônan), weswegen einige Frauen keine ältesten Söhne heiraten wollen. Ich wusste natürlich von nichts.

Eigentlich hatten wir geplant das Haus abzureißen und ein neues zu bauen. Nachdem wir mit verschiedenen Firmen geredet hatten, stellte sich aber heraus, dass wir es uns nicht leisten können würden. Meine Schwiegereltern hatten einen Kredit aufgenommen um das Land endlich zu kaufen, und mein Mann wechselt derzeit den Job, weswegen sein Kreditrahmen sehr viel kleiner ist als ursprünglich angenommen.

Wir bauen also nicht neu, sondern um.

Das Problem: Die Baufirma von vor über 20 Jahren hat weder die Konstruktionspläne aufbewahrt, noch damals die Änderungen am Haus richtig bei der Stadt angemeldet. Das heißt, dass wir die meisten Wände stehen lassen müssen, schließlich wollen wir das Haus nicht zusammenstürzen lassen, und dass unsere Anbaupläne unter 10m² bleiben müssen.

Im Moment hat das Haus eine コの字型 (Ko no ji-gata; Form wie das Zeichen コ (ko)). Aus Gründen hat man damals auf einer Seite des länglichen Hauses in der Mitte Platz gelassen – genug Platz um das Layout nervig zu gestalten und das Haus auszukühlen. Genug Platz für ein weiteres Zimmer. Wir werden also im Erdgeschoss dort ein weiteres Zimmer bauen lassen, und wenn es finanziell möglich ist im Obergeschoss darüber eine große Terasse. Terassen ohne Überdachung zählen nicht in als Wohnraum und gehen daher nicht von unseren 10m² ab.

Das heißt aber auch, dass wir ins Erdgeschoss ziehen werden, denn wir werden das zusätzliche Zimmer irgendwann brauchen.

Außerdem ist das Haus derzeit so konzipiert, dass beide Familien denselben Eingang nutzen. Das wurde damals von der Mutter meines Schwiegervaters durchgesetzt, eigentlich hätten meine Schwiegereltern es lieber getrent gehabt. Ein Glück, wir nämlich auch. Es wird also ein zweiter Eingang angelegt werden.

Mit all diesen Wunschvorstellungen – zusätzliches Zimmer, Räume größer und weniger verwinkelt, komplette Trennung der Eingänge, aber bitte alles im Rahmen von nur 10m² Anbau, und die meisten Wände müssen stehenbleiben – gingen wir zu einer recht kleinen Unterfirma von 東京ガス (Tokyo Gas), die Umbauten macht. Die Leute sind unglaublich nett, die Planung machen ein Mann und eine Frau im Tandem, und gestern haben sie uns einen Plan vorgelegt, der an Genie grenzt. 🙂

Es gibt natürlich noch einige Fine-Tuning-Punkte, vor allem bei den Schwiegereltern, die es zwar total toll finden, dass wir zu ihnen ziehen, aber Veränderungen etwas skeptisch gegenüberstehen.

Richtig losgehen soll es übrigens im Oktober, damit wir im Januar einziehen können. Im Februar steht in unserer Mietwohnung nämlich die Vertragserneuerung an, was in Japan alle zwei Jahre eine Monatsmiete extra kostet…

Wünscht uns Glück, dass das alles ohne größere Probleme klappt! 🙂

(Die Rechte an den Plänen liegen nicht bei uns, weswegen ich sie hier nicht klar einbinden kann. Wenn ich Zeit habe, zeichne ich euch das mal grob ab. 😉 )

Update in Sachen Arbeit und Zukunft.

Im Zweifelsfall kann man mit Kirschblüten jeden Eintrag illustrieren.

Im Zweifelsfall kann man mit Kirschblüten jeden Eintrag illustrieren.

Weil im Moment nicht wirklich viel los ist, dachte ich mir, dass ich euch mal auf den neusten Stand in Sachen Arbeit und Zukunft bringe.

Ihr erinnert euch vielleicht, ich bin Assistentin in der IT-Abteilung in einem Büro mit einer wunderbaren Aussicht über die Stadt. 🙂 Letzte Woche bekam ich meinen dritten Vertrag. Es sind leider alles Kurzzeitverträge über zwei Monate, aber ich glaube meinem direkten Chef, wenn er sagt, dass sie einfach so lange verlängern werden, bis ich die Schnauze voll habe. Genau so lange habe ich vor, dort zu bleiben.

Meine Schwiegermutter war auch einige Zeit bei einer Zeitarbeitsfirma und hat absichtlich immer wieder die Firma gewechselt um neue Erfahrungen zu sammeln, ich bleibe ganz gern dort, wo ich bin. Nicht nur, weil ich Vorstellungsgespräche hasse, auch, weil es mir derzeit ganz gut in den Kram passt.

Es wird langsam aber sicher etwas weniger langweilig, das Team merkt, dass ich da bin um ihnen nervige Arbeiten abzunehmen: Bestellungen aufgeben, Erstattung von Beträgen beantragen, Reisen buchen, über SAP-Produkte aufregen… Selbst wenn der Tag mir manchmal sehr lang vorkommt, zurück in den Kindergarten möchte ich nicht.

Dafür haben wir (schon vor einiger Zeit) unseren Kinderplan konkretisiert, und mein Mann arbeitet mit Vollkraft daran in den öffentlichen Dienst zu wechseln um vielleicht sogar ein klitzekleines Bisschen Vaterschaftsurlaub abzubekommen. Um das zu erreichen ist er ziemlich am Büffeln: Nächste Woche ist der erste Teil des 2級建築士 (Ni-kyû Kenchiku-shi; eine Qualifikation für Architekten und Bauingenieure) dran, im September folgt der zweite Teil und die Prüfung für den öffentlichen Dienst.

Natürlich weiß ich, dass er das alles für unsere Familie tut und unterstütze ihn wo ich kann, aber manchmal wird es ziemlich einsam. 🙁 Deswegen werde ich versuchen wieder mehr zu Meetups zu gehen. Falls einer von euch Tokyotern irgendwelche Empfehlungen hat – gern her damit.

Projekt Haus ist liegt leider auf Eis. Nach erneutem Durchrechnen können wir es uns nicht leisten das jetzige Haus der Schwiegereltern abzureißen und ein neues draufzusetzen, auch weil es sich bei dem Grundstück um Pachtland handelt. Sobald mein Mann mit seinen ganzen Prüfungen durch ist, werden wir uns also verschiedene Umbau-Firmen anschauen, die uns dann zeigen dürfen, was man aus dem Haus der Schwiegereltern noch herausbekommt. Wenn das Kind dann in zwei Jahren da ist, wollen wir eigentlich nicht mehr zur Miete wohnen.

Und so schaut’s aus.

Der Fortschritt ist nicht aufzuhalten.

via App Store

alle via App Store

Hände hoch, wer von euch nimmt sein Smartphone mit auf die Toilette?

Ich persönlich ja nicht, aber es scheint durchaus weit verbreitet zu sein. Was macht also eine Toilettenfirma, die immer neue Innovationen für Toiletten erfinden und an den Mann bringen muss?

Die Toilettenfirma LIXIL hat eine App entwickelt. Eine Toiletten-App. Für iPhone und Android. Weil Japan.

Nun kann man mit modernen japanischen Toiletten sowieso mehr anstellen als mit deutschen: Nach dem Geschäft kann man sich diverse Körperteile mit Wasser säubern lassen, einige Toiletten föhnen dann auch gleich noch, und Musik/Wassergeräusche um die Geräusche des Geschäfts zu übertönen kann man auch oftmals anstellen.

スクリーンショット 0027-02-23 6.40.22Nun gibt es natürlich zu jeder dieser Funktionen, die ich nie nutze, Einstellungen. Wie warm soll das Wasser sein, dass meinen Hintern abspritzt? Wo muss der Strahlkopf positioniert sein, um perfekt zu treffen? Wie breit muss dieser Strahl sein? Wie hoch der Wasserdruck? Fragen, die einen Nachts nicht schlafen lassen.

Und dann, wenn man nach schlaflosen Nächten endlich die perfekte Einstellung gefunden hat, kommt jemand und verstellt es. Damit das nicht mehr passiert, kann man mit der LIXIL App ein Profil für jeden erstellen. Damit jeder das perfekte Toilettenerlebnis hat.

Außerdem berechnet einem die App, wie teuer die Benutzung der Toilette ist. Nicht, dass man im Armenhaus landet, weil man die Toilette zu oft besucht.

スクリーンショット 0027-02-23 6.40.06Mein liebstes Feature ist aber das トイレ日記 (Toire Nikki; Toiletten-Tagebuch) mit seinem うんちカレンダー (Unchi Calendar; Kack-Kalender*). Damit kann man seine Ausscheidungsgeschichte ganz präzise nachverfolgen. Mit niedlichen Illustrationen von Kackhaufen. Warum? Warum nicht!

Wir werden wahrscheinlich keine tolle Toilette mit Bluetooth kaufen. Erstens möchten wir keine 2.000€ für eine Toilette ausgeben und zweitens – ist es wirklich technischer Fortschritt sein Handy mit seiner Toilette zu verbinden?

* Unchi ist Kindersprache, wird aber auch von Erwachsenen verwendet. Für alle, die 便 (ben; Stuhl) zu förmlich finden.

Projekt Haus: 見学会.

Sobald man sich Häuser anguckt und mit den Verkäufern ins Gespräch kommt, wird man auf ein 見学会 (Kengaku-kai; Besichtigungs-Treffen) eingeladen. Wir waren auf zweien, letzten Sonntag bei Hebel Haus, und diesen Samstag bei Daiwa House. Beide Veranstaltungen begannen morgens um halb 10 und kamen erst am Nachmittag zum Ende. Insgesamt also ziemlich anstrengend, ich bin beide Male hinterher wie erschlagen gewesen. Programm bei Hebel Haus: Treffen im Firmengebäude, Busfahrt zu einer Baustelle, dann weiter zu einem 30 Jahre alten Hebel Haus, dann zu einem neuen Hebel Haus, zurück zum Firmengebäude, Mittagessen, Meeting mit dem Verkäufer.

v.l.n.r. Fliesen, Fiber Cement Siding, Porenbeton

v.l.n.r. Fliesen, Fiber Cement Siding, Porenbeton

Hebel setzt auf ALS (Porenbeton) für Außenwände, Fußböden und Decken. Porenbeton hat den großen Vorteil, dass er feuerfest ist. Das hat man uns natürlich demonstriert, diese Feuerfestigkeit ist nämlich deren 売り (uri; Verkaufsargument). Bei dieser Demonstration wurden auch Materialien, die andere Anbieter, die natürlich nie namentlich genannt werden, verwenden, angefackelt und komplett zerstört. Das bringt einen dann schon zum Nachdenken, vor allem, wenn man weiß, dass bei großen Erdbeben die meisten Menschen durch Feuer ums Leben kommen. Darauf komme ich später noch einmal zurück. 😉

IMG_0888Das Problem mit Hebel Haus ist eindeutig der Preis: Der 坪単価 (Tsubo-tanka; Preis pro Tsubo (3,3qm)) beträgt etwa 1,000,000 Yen (7.390€). Das heißt, wir könnten 40 tsubo (132qm) Wohnfläche bauen, was für zwei Familien zu wenig ist. Würden wir uns Teile des Hauses, z.B. die Küche, das Wohnzimmer oder das Bad, mit den Schwiegereltern teilen, wäre das natürlich etwas anderes, aber meine geistige Gesundheit ist mir lieb und teuer.

Wir sind so verblieben, dass man uns kleine Häuser zeigen wird, und wir einen Kostenvoranschlag erstellen lassen. Ich bezweifle, dass es etwas wird, aber sich Häuser zeigen zu lassen schadet nie.

Kostenloses Zeug: Tee, Mittagessen, Frischhaltefolie (wird von derselben Firma hergestellt), Süßigkeiten, ホッカイロ (Hokkairo; kleine Wärmekissen) und natürlich einen Werbestift.

Welche Toilette hätten Sie gern?

Welche Toilette hätten Sie gern?

Programm bei Daiwa House: Vortrag im Firmengebäude, Besichtigung ihrer トライ家 (Toraie; zusammengesetzt aus Try + Ie (Haus)) mit Erklärung zu ihren Baustoffen, der Zusammensetzung der Außenwände und Fußböden, und einem Erdbebensimulator, Demonstration der Feuerfestigkeit und Resistenz gegen äußere Gewalteinwirkung der Außenmaterialien, mit dem Bus zu einem Modellhaus, das zum Verkauf steht, im Bus Mittagessen, wieder zurück zum Firmengebäude. Wir haben uns dann noch deren Ausstellungsräume zeigen lassen, wo man sich Küche, Böden, Türen und alles andere anschauen kann.

Wie ihr seht, hat man uns auch bei Daiwa die Feuerfestigkeit demonstriert. Was bei Hebel nämlich (natürlich) weggelassen wurde, ist, dass unter dem Fiber Cement Siding eine feuerfeste Schicht aufgetragen wird. Die hält zugegebenermaßen nicht so lang wie Porenbeton, dafür sind aber auch nur dünnere Außenwände nötig. Und dann ließ man ein 2-Kilo Gewicht aus 2,40m Höhe fallen. Das mochte der Porenbeton gar nicht. Nun könnte man natürlich sagen “Aber wann schmeißt euch jemand mal solch ein Gewicht auf die Wände” – dabei würde man aber vergessen, dass es in Japan nicht nur Erdbeben, sondern auch Taifune gibt, bei denen einem durchaus schwere Dinge gegen das Haus gesegelt kommen können. Wir sind wirklich gesegnet…

Wirklich leckeres Sushi!

Wirklich leckeres Sushi!

Noch immer besteht das Problem, dass wir den Verkäufer absolut nicht leiden können, und versuchen umzusatteln. Es kann ja nicht sein, dass wir nur, weil wir durch Zufall bei einer Modellhausbesichtigung an ihn geraten sind, für den Rest des Lebens des Hauses an ihn gebunden sind. Mein Mann versucht das diplomatisch mit kleinen Halblügen zu lösen, ich bin im Notfall bereit den Vorschlaghammer auszupacken: “Es tut mir leid, Herr Suzuki, aber ich glaube wir passen nicht zusammen. Rufen Sie uns nicht mehr an. Tschüss!”. Macht man in Japan aber scheinbar nicht.

Kostenloses Zeug: Blumen, Essstäbchen, Ritter Sport, Mittagessen, Tee, Werbestift, Hokkairo. Außerdem haben wir auf Nachfrage einen Katalog für Interior Equipment bekommen, also mit Fußböden, Türen, Bädern, usw. Den gibt man scheinbar normalerweise nicht so unglaublich gern raus, ich weiß auch nicht warum.

Nächstes Wochenende treffen wir uns mit dem Verkäufer, den wir uns neu ausgesucht haben, Herrn Fukui, und schauen uns noch ein Haus an und besprechen alles. Und wenn Herr Suzuki uns dann noch nervt, beauftrage ich Ninjas. So. 🙁