Den Kolleginnen und Kollegen nach jeder Reise ein Mitbringsel auf den Schreibtisch zu legen, ein Stofftier auf den gegenüberliegenden Platz in einem „Loneliness Café“ zu platzieren, um Gesprächsbereitschaft zu signalisieren und kein Geld mehr von Bankautomaten nach 20 Uhr zu erhalten – das ist Japan. Solche und weitere spannende Facts über Japan hat der gutefrage.net-User und Japanexperte Tobias oder besser bekannt als d82twf im Rahmen eines sogenannten „Blickwechsel“ auf Deutschlands größter Q&A-Plattform gutefrage.net beantwortet.
Dies ist ein Gastbeitrag. Er gibt nicht meine persönliche Meinung, sondern die des Autoren wieder.
Beim „Blickwechsel“ auf der gutefrage-Plattform geht es darum, dass die rund zwei Millionen User einen neuen Blickwinkel eines bestimmten Themas durch den jeweiligen Experten erfahren. In diesem „Blickwechsel“ hat gutefrage-User Tobias, der seit 2018 im Großraum Tokio als Elektrotechniker lebt, rund 134 Fragen zu seiner Auswanderung nach Japan beantwortet. Aus den Antworten von Tobias ergaben sich fünf spannende Facts über Japan, die viele von euch vielleicht noch nicht kennen.
Japan Facts von Tobias, gutefrage-User d82twf
Fact Nummer 1: Staatliche Plakate, die darauf hinweisen im alltäglichen Leben höflich zueinander zu sein
Japan ist ein Land, in dem Respekt und Höflichkeit großgeschrieben werden. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Beleidigungen ein absolutes No-Go sind. Sie sind sogar so sehr verpönt, dass man riskiert, sein Gesicht in der Öffentlichkeit zu „verlieren“. Die Höflichkeit beginnt bereits bei fremden Kindern, die einen auf der Straße grüßen und zieht sich durch die gesamte Gesellschaft. Von einem höflichen „nach Ihnen“ oder einer aufgehaltenen Tür bis hin zu groß geführten Plakat-Kampagnen der Lokalregierungen und Bahngesellschaften, die auf kleine Gefälligkeiten im Leben hinweisen, ist der gesamte gesellschaftliche Umgang miteinander von Höflichkeit, Hilfsbereitschaft und Rücksichtnahme geprägt. Am deutlichsten sichtbar wurde diese Rücksichtnahme in der globalen Corona-Pandemie. Der Japan-Auswanderer Tobias bestätigt, dass es in Japan während der Pandemie keine strengen Vorschriften wie in Deutschland gab, stattdessen wurde seitens des Staates lediglich eine Empfehlung zum Tragen einer Maske ausgesprochen – an die sich so gut wie jeder hielt. Weiter haben Bars und Restaurants ab 20 Uhr geschlossen, was nicht zu Unmut in der japanischen Gesellschaft führte.
Der Respekt gegenüber anderen in Japan weitet sich auch auf die gesamte Umgebung aus. Generell kommt es in Japan eher selten zu Vandalismus und Verschmutzungen. Denn in Japan gilt ebenso Respekt vor dem von der Allgemeinheit bezahlten Gut.
Nur so funktioniert das Zusammenleben in der weltweit größten Metropolregion, Tokio, mit rund 38 Millionen Einwohnern, laut des Japanexperten.
Fact Nummer 2: In Japan arbeitet und leidet man zusammen!
In Japan arbeitet und leidet man gemeinsam, wenn es mal wieder bis spät in die Nacht dauert, man hält einfach zusammen. So ist es nicht verwunderlich, dass man in Japan länger auf der Arbeit bleibt oder häufig nach der Arbeit noch mit den Kolleginnen und Kollegen ausgeht, oft in sogenannte Izakayas, traditionelle japanische Kneipen, um interne Teamangelegenheiten, berufliche Herausforderungen oder Probleme zu besprechen. Nicht selten gibt es Arbeitnehmer, die einen Arbeitsweg von zwei Stunden auf sich nehmen und häufig in sogenannten Capsule Hotels (Schlafkabinen) übernachten, um die Pendelstrecke zu verkürzen. Grund hierfür sind die überaus teuren Mieten im Großraum Tokio. Auch gutefrage-User Tobias lebt gerade einmal auf knapp 20 Quadratmetern, Wohnungen mit 50 Quadratmetern zählen bereits als Luxus. Auch bei der Arbeitszeit gilt zwar das 40-Stunden-Modell, doch die Realität ist oft von zahlreichen Überstunden und selten von Feierabend nach Dienstschluss geprägt.
Viele Menschen legen, bedingt durch die japanische Kultur, ihren Lebensmittelpunkt auf die Arbeit, weniger auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance.
Daher kommt bei vielen Japanern und Japanerinnern die Familie erst an zweiter Stelle – nach der Arbeit. Viele sehen ihre Familien durch weit entfernte Arbeitsplätze nur am Wochenende.
Wieso das und eine daraus resultierende Einsamkeit zu weitreichenden Konsequenzen führt, lest ihr in Fact Nummer 3.
Fact Nummer 3: Cafés gegen Einsamkeit – „Loneliness“ Cafés in Tokio
Aufgrund der weiter steigenden Suizidrate hat Japan im letzten Jahr einen „Minister für Einsamkeit“ benannt. Das Ziel der Regierung, die soziale Isolation und Einsamkeit in Japan zu reduzieren, wird von dem „Minister für Einsamkeit“ überwacht. Insbesondere durch die Isolation während der Corona-Pandemie, stieg die Zahl der Suizide weiter stark an. Um diesem erschreckenden Trend entgegenzuwirken, gibt es in Tokio sogenannte „Loneliness Cafés“. In diesen werden einsame Menschen bereits am Eingang gefragt, ob sie alleine kommen oder ein Gespräch wünschen. Dem übrigen Personal wird anschließend durch ein Stofftier auf dem gegenüberliegenden Platz signalisiert, dass sie gerne Smalltalk führen möchten, um nicht alleine zu speisen. User Tobias hat mal aus Neugierde ein solches Café besucht und prompt ein Moomin (nilpferdartiges Trollwesen aus der Feder der finnlandschwedischen Schriftstellerin Tove Jansson) vorgesetzt bekommen.
Fact Nummer 4: Der ÖPNV in Japan läuft wie ein Uhrwerk!
Anders als die Deutsche Bahn fahren in Japan Bus und Bahn überaus pünktlich, Verspätungen sind selten der Fall. Dennoch sollte man beachten, welchen Zug man zu seinem ausgewählten Ziel nimmt. Nicht jeder Zug kommt gleich schnell an oder hält in jedem Bahnhof. Daher sollte man sich vorher gut informieren, ob man sein Ziel mit dem Super Express in zehn Minuten oder mit dem Zugtyp „Local“ erst in 40 Minuten erreicht.
Fact Nummer 5: Als Ausländerin bzw. Ausländer in Japan zu leben ist nicht immer ganz einfach.
Japan ist kein klassisches Einwanderungsland, dort leben verhältnismäßig wenig Zuwanderer, sie machen rund zwei Prozent an der gesamten Bevölkerung aus. Zum Vergleich: In Deutschland haben rund 26,7 Prozent einen Migrationshintergrund (Bundeszentrale für Statistisches Bundesamt, Mikrozensus 2020).
Tobias ist als deutscher Elektrotechniker einer von wenigen Facharbeitskräften, die die japanische Gesellschaft vor der Überalterung retten sollen. Aktuell fehlt es Japan, laut der japanischen Agentur für internationale Zusammenarbeit (JICA) an Millionen Arbeitskräften. Um die sinkende Geburtenrate und zeitgleich stark alternde Gesellschaft zu stabilisieren, muss Japan die Zahl der zugewanderten Erwerbstätigen bis 2040 vervierfachen von 1,7 Millionen auf 6,7 Millionen, sonst droht ein immenser Wohlstandsverlust und Berufstätigkeit bis weit über das übliche Rentenalter hinaus. Doch die Hürden für Zuwanderer erschweren die Migration. Menschen bestimmter Nationen, insbesondere von den Philippinen oder aus den USA, wird gelegentlich mehr als anderen Nationen mit Vorurteilen (zum Teil aufgrund der Geschichte) begegnet und so ein Zusammenleben stark erschwert. Als Voraussetzungen für die dauerhafte Einreise nennt gutefrage-User Tobias ein Mindestmaß an Bildung, einen vorhandenen Rückflug, sowie ein tadelloses polizeiliches Führungszeugnis. Zudem ist es als Zuwanderer schwierig in Japan eine Kreditkarte zu erhalten, diese bekommt man erst ab einem bestimmten „Score“. Essen und Mittel des alltäglichen Gebrauchs erhält man in Japan rund um die Uhr in Konbinis (kleine Kioske). Normal ist in Japan auch, dass Cousin und Cousine heiraten, dies ist auch in Deutschland legal, wenn auch eher unüblich. Unvorstellbar und erschreckend gleichermaßen sind die teils schweren Erdbeben in Japan. In Deutschland sorgt ein Erdbeben der Stufe 3 bereits für große Aufregung, in Japan sind Erdbeben dieser Stärke nichts Besonderes. Für ein großes mediales Aufsehen sorgte zuletzt das Erdbeben vor der Küste Fukushimas mit anschließender Reaktorkatastrophe 2011. Hierzu rät Tobias sich vorsorglich in die Krisenvorsorgeliste des Auswärtigen Amts eintragen zu lassen.
Den wichtigsten Tipp, den Tobias allen Japaninteressierten und potenziellen Auswanderern mitgibt, ist folgender: „Die japanische Kultur ist absolut faszinierend, dennoch sollte jeder sich an den Grundsatz halten: Ich passe mich dem Verhalten und der Kultur meines Gastgeberlandes an – niemals andersherum!“
Dass Tobias seine besten Ramen in einem MICHELIN-Stern-prämierten Lokal in der Präfektur Tokio auf wenigen Quadratmetern gegessen hat und im TV gar nicht so viele Animeserien laufen, wie man denkt und viele weitere spannende Fakten über Japan, erfahrt ihr direkt auf gutefrage.net beim „Blickwechsel“.
Über gutefrage
gutefrage ist die führende, deutschsprachige Q&A-Plattform. Die gutefrage-Community besteht aus knapp 2 Millionen Nutzer*innen, die täglich etwa 70.000 Content-Elemente posten. Mit einer Reichweite von bis zu 30 Millionen Unique Users pro Monat ist gutefrage eine der reichweitenstärksten Websites im DACH-Raum. Die Plattform ermöglicht Menschen das Teilen und Entdecken von Wissen, Erfahrungen und Meinungen im Netz. Regelmäßig veranstaltet die Plattform sogenannte „Blickwechsel“, in denen die Community Menschen mit einer spannenden Geschichte begegnet und die andere Sichtweise versucht zu verstehen. Für die Online-Community sind neben dem Community Management und Moderator*innen über 70 ehrenamtliche User-Moderator*innen rund um die Uhr im Einsatz. Die gutefrage.net GmbH wurde 2006 gegründet und gehört seit Januar 2021 zur mittelständischen Unternehmensfamilie Müller Medien. Die Geschäfte leitet Philipp Graf Montgelas vom Geschäftssitz in München. Weitere Informationen finden Sie unter: www.gutefrage.net.
Endlich kein Gaijin Deutsch- oder Englischlehrer, der nur für ein paar Monate in Japan bleibt, viel Geld verdient, nur mit 欧米Gaijin-Community in Roppongi zusammenklüngelt und über Japan lästert, anschließend seine Weltreise fortsetzt. Der Satz „Ich passe mich dem Verhalten und der Kultur meines Gastgeberlandes an – niemals andersherum!“ ist sehr wichtig. Leider ist aber immer noch das Sendungsbewußtsein mancher 欧米Zuwanderer*innen, nicht nur in Japan, sehr ausgeprägt. Ich kann die Aussagen/Hinweise von トビアスさん (vielleicht schreibt er „Tobias“ in Kanji?) nur zustimmen. Das Leben als deutscher Elektrotechniker in Japan-sehr interessant! Das heißt aber auch, auf sechs Wochen Urlaub pro Jahr muss Tobiasさん verzichten oder z.B. „einfach“ eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Hausarzt holen, wenn er krank ist, geht auch nicht mehr.
Ich bin sehr gespannt, wie sein Leben weitergeht und wünsche ihm alles Gute und viel Erfolg.
Den “Gaijin” (ist unhöflich, aber denke ich mal so beabsichtigt) Englischlehrer der viel Geld verdient, möchte ich mal kennenlernen
Die Leute, die viel Geld verdienen, nur für ein paar Jahre hier bleiben, und viel in ihrer Bubble hängen, sind Spezialisten, oft mit Ingenieursstudium und Familienanhang.
Und unter diesen gibt es, genau wie unter Auswanderern wie Tobias oder Teilnehmern des Jet Programms (zum Großteil Englischlehrer), solche und solche.
Pauschalisieren finde ich da extrem schwer.